Turmblasen und Vollgeläut – Willkommen und Neubeginn
18.10.2014
Es
ist
Sonnabend
und
nachmittags.
So
ganz
vorsichtig
macht
sich
in
mir
das
Gefühl
breit,
in
dieser
anderen,
zum
Teil
noch
fremden
Stadt,
angekommen
zu
sein
oder
wenigstens
ganz
langsam
die
Füße
auf
den
Boden
zu
bekommen.
Die
mentalen
Schwächen
infolge
des
harten
Wechsels
werden
seltener
und
die
schmerzhaften
sowie
nachhaltigen
Weigerungen
des
Körpers,
einfach
nicht
mehr
zu
wollen,
weichen
dem
Bedürfnis,
sich
dem
Leben
in
der
neuen
Umgebung
zu
nähern.
Da
passt
es
gut,
dass
es
Sonnabend
ist
und
die
Sonne
noch
einmal
versucht,
einen
auf
Spätsommer
zu
machen.
Obwohl
eine
Konzertnacht
hinter
mir
liegt,
sagen
mir
Rücken
und
Füße
zu,
nichts
gegen
Bewegung
im
Allgemeinen
und
einen
Gang
durch
die
Stadt
im
Besonderen
haben
zu
wollen.
Der
angehende
Rentner
in
mir
wirkt
angenehm
tatenlustig
und
so
lasse
ich
den
Typen,
den
ich
noch
nicht
gut
genug
kenne,
seinen
Willen.
Der
Rentner
und
ich
gehen
ein
wenig
an
die
Luft,
wir
gehen
miteinander spazieren.
Von
der
Haustür
bis
zur
Einkaufsmeile
hinter
dem
Rathaus,
dort
wo
Fischmarkt
und
die
Breite
Straße
aufeinander
treffen,
brauchen
wir
beide
keine
zehn
Minuten.
Der
Rentner
in
mir
und
ich
schaffen
den
Weg
durch
die
Häuserblocks
etwas
schneller,
ohne
uns
zu
verausgaben.
Von
hier
aus
überqueren
wir
nur
noch
die
Hauptstraße
und
nähern
uns
dann,
von
hinten
kommend,
dem
Dom,
dessen
zwei
Türme
man
quasi
von
überall
erblicken
kann.
Das
imposante
Bauwerk
hat
schon
viele
Jahrhunderte
gesehen
und
Epochen
überdauert.
Wenn
Steine
reden
könnten,
würden
sie
nicht
nur
von
der
Schönheit
reden,
sondern
wahrscheinlich
auch
vom
Leben
und
Leiden
der
Menschen,
die
all
die
prunkvollen
Häuser
um
den
Platz
herum
erbauten.
Geschichte
ist
eben
nicht
nur
die
Überlieferung
von
herrschaftlichen
Ideen
und
deren
Willen,
sie
umsetzen
zu
lassen,
sondern
viel
eher
die
vom
harten
Schaffen
derer,
die
sie
zu
verwirklichen
hatten.
Mit
diesen
Gedanken
und
Überlegungen im Kopf stehe ich vor diesen wundervoll geformten Haufen aus Stein im Stadtzentrum von Halberstadt.
In
einer
Ankündigung
hatte
ich
gelesen,
dass
heute
hier
ein
besonderes
Ereignis
stattfinden
würde.
Hoch
oben
vom
Dom,
etwa
zur
Hälfte
des
rund
90
Meter
hohen
Bauwerkes,
soll
ein
Turmblasen
des
Posaunenchores
von
Halberstadt
zu
hören
sein.
Die
Vorstellung,
aus
einem
Raum,
der
rund
40
Meter
über
dem
Terrain
des
Platzes
liegt,
Musik
zu
hören,
ließ
mich
nicht
lange
überlegen.
Diesen
Vorsatz
hatten
offensichtlich
noch
einige
Leute
mehr,
die
sich
ebenfalls
im
vorderen
Teil
des
weiten Areals im Schein der Abendsonne einfinden.
Der
Domplatz
selbst
befindet
sich
mitten
in
der
Stadt
auf
einem
leicht
erhöhten
Plateau.
Blicke
ich
von
dem
Domplatz
in
Richtung
Osten,
sehe
ich
den
majestätisch
wirkenden
gotischen
Dom
St.
Stephanus
mit
seinen
beiden
Türmen
vor
mir
und
im
Hintergrund
stehend,
die
Stadtkirche
St.
Martini,
die
der
Dom
an
Höhe
übertrifft.
Zu
beiden
Seiten
wird
der
ausladende
Domplatz
von
einigen
prächtigen
alten
Bürgerhäusern
umsäumt,
die
ganz
unterschiedliche
Stile
und
Epochen,
wie
Renaissance,
Barock
und
Klassizismus,
dokumentieren.
Drehe
ich
mich
um,
so
dass
ich
jetzt
den
Dom
im
Rücken
habe,
dann
blicke
ich
auf
die
Liebfrauenkirche
mit
ihrem
wuchtigen
Kirchenschiff
und
den
beiden
Türmen,
die
es
überragen.
Von
der
Mitte
des
Platzes,
auf
dem
ich
inzwischen
stehe,
kann
man
also
mindestens
sechs
Türme
der
Stadt
erblicken,
braucht
aber,
um
die
ganze
Länge
abzuschreiten,
ganz
bestimmt
etwas
mehr
als
eine
Minute,
denn
ich
bin
kein
Jungspund
mehr,
was
der
werdende Rentner in mir prompt bestätigt.
Die
sinkende
Abendsonne
taucht
den
Dom
in
warmes
Licht,
als
der
Posaunenchor
von
Halberstadt
mit
dem
kleinen
Konzert
aus
luftiger
Höhe
beginnt.
Die
Musiker
mit
ihren
Instrumenten
kann
ich
von
hier
unten
bestenfalls
erahnen,
die
Klänge
aber
tragen weit über den Platz hinaus, kann ich mir vorstellen.
Überall
stehen
Menschen
in
kleinen
Gruppen,
sitzen
auf
den
Bänken
oder
im
Cafè
mit
Blick
zum
Dom.
Irgendwie
wohnt
dieser
Szenerie
etwas
von
Magie,
ein
Hauch
von
Erhabenheit
bei.
Da
stehe
ich
mit
dem
Rentner
in
mir,
hebe
meinen
Blick
nach
oben,
lausche
den
Musikstücken,
die
von
da
oben
über
das
Areal
zu
schweben
scheinen
und
freue
mich,
diese
Minuten
genießender
Andacht
als
Neubürger
erleben
zu
dürfen.
In
den
Klängen
der
Posaunen
und
der
Trompete
schwingt
Ruhe
mit,
die
meinem
Innenleben
wieder
ein
wenig
mehr
Balance
vermittelt.
Wie
alle
spende
auch
ich
Beifall,
als
das
kleine
Konzert
aus den Fensterbögen in halber Domhöhe zu Ende ist. Jedoch das eigentliche Ereignis beginnt erst in diesem Moment.
Plötzlich
ist
die
Luft
vom
hellen
Klang
und
dem
Schall
von
Glockenläuten
gefüllt.
Alle
richten
jetzt
ihre
Augenpaare
noch
oben,
dorthin,
wo
jeder
in
den
beiden
Türmen
die
Glocken
schwingen
sehen
kann.
Was
im
ersten
Moment
wie
ein
Durcheinanderklingen
anmutet,
folgt
einem
exakten
Rhythmus
und
Folge.
Es
dauert
einen
Moment,
bis
ich
das
erkenne,
doch
als
der
dumpfe
Klang
der
größten
Glocke
über
dem
Areal
schwingt,
ist
die
Abfolge
des
Geläuts
einfach
nur
noch
perfekte
Harmonie,
die
trotz
ihres
nicht
zu
überhörenden
Klanges
Ruhe
und
Gleichmaß
ausstrahlt.
Ich
stehe
wie
gebannt
auf
dem
übergroßen
Platz,
sehe
das
Pendeln
der
Glocken
und
spüre
ihren
Klang
im
Ohr
und
im
Körper.
Es
ist,
als
wäre
ich
ein
kleiner
Teil
des
Spiels,
der
im
Gleichklang
der
sich
überlagernden
Töne
versucht,
im
Glockenkonzert
dabei
zu
sein.
Ganze
10
Minuten
dauert
es
vom
ersten
bis
zum
letzten
verklungenen
Ton
der
insgesamt
13
(?)
Glocken,
die
alle,
jede
für
sich,
einen
Namen
tragen:
„Domina“
und
„Dunna“
sind
das
Fundament,
das
von
„Osana“
und
„Micha“
ergänzt
und
deren
Klang
von
„Laurentius“
und
„Maria
Magdelena“
mit
ihrem
hellen
Ton
überlagert
wird,
habe
ich
mir
sagen
lassen.
Alle
zusammen
ergeben sie das Vollgeläut des Domes, das jeden ersten Sonnabend des Monats die Stadt hörbar in Schwingungen versetzt.
Diesen
erhabenen
Moment
habe
ich
mir
sicher
nicht
zum
letzten
Mal
so
direkt
und
intensiv
gegönnt,
denke
ich
für
mich,
als
ich
den
Platz
wieder
verlasse.
Der
werdende
Rentner
in
mir
nickt
zustimmend.
Den
Dom
im
Rücken
und
die
Stadtkirche
vor
mir,
gehe
ich
wieder
dem
alten
Bürgerhaus
nahe
der
City
entgegen,
in
dem
ich
ganz
bestimmt
das
nächste
Drittel
Leben
verbringen werde. Zumindest habe ich das Vollgeläut für mich so gedeutet, als Willkommen und Neubeginn.
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Entdeckungen, Wanderungen, Erlebnissen und Begegnungen im Harz.