Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, zufälligen Begegnungen und Entdeckungen im Harz.
Menhir & Corvid
26.04.2020
Es
ist
Sonntag.
Draußen
ballert
die
Sonne
vom
azurblauen
Himmel.
Die
Natur
versucht
überall
frisches
Grün
und
grellgelb
blühenden
Raps
auszuschütten.
Die
Berghänge
überzieht
wieder
eine
dichte
Decke
aus
Nadel-
und
Mischwald
und
über
der
Stadt
kreisen
die
Milane.
Die
Menschheit
übt
sich
seit
einigen
Wochen,
mehr
oder
weniger
freiwillig
oder
gezwungen,
in
häuslicher
Quarantäne
als
Schutz
vor
einem
unsichtbaren
Monster
namens
Corvid
von
chinesischer
Abstammung.
Es
kam
aus
dem
Tierreich,
sagt
man
zumindest.
Kein
Wunder,
wenn
Menschengesellschaften
die
Areale
von
Flora
und
Fauna
immer
mehr
einengen,
sie
ausbeuten
oder
„nur“
vernichten.
Dann
steigt
der
kleine
Urwaldvirus
vom
Tier
auf
den
Mensch
um,
weil
er
Platz
zum
Austoben
braucht.
Den
Tieren
ist
das
egal,
die
kennen
diesen
Kerl
und
leben
mit
ihm.
Wir
stehen
plötzlich
vor
der
Herausforderung,
ihn
entschlüsseln
zu
müssen,
weil
er
uns
den
Tod
bringen
kann.
Was
sich
so
mancher
in
normalen
Zeiten
wünschte,
nämlich
einfach
mal
zu
Hause
bleiben
zu
können,
mutiert
nach
fünf
Wochen
Quarantäne,
wirtschaftlichem
Stillstand
und
sozialer
Abstinenz,
bei
vielen
zu
hilf-
und
ideenloser
Auswegsuche
aus
dem
strengen
Regelwerk.
Plötzlich
fehlen
jene
vorgegebenen
Strukturen,
über
die
man
sich
so
gern
echauffierte.
„Freedom
is
just
another
word
for
nothing
left
to
lose“,
sang
Janis
Joplin
schon
1970
in
“Me
And
Bobby
McGee”
von
Kris
Kristofferson.
Raus
aus
diesem
Wachstumsirrsinn
und
zurück
auf
Null
–
Lockdown.
Mal
schauen,
was
passiert,
lautet
die
neue Devise.
Die
Idee,
dass
es
so
nicht
ewig
weitergehen
konnte,
hatten,
außer
mir,
auch
viele
andere.
Wozu
also
aufregen,
zumal
als
(Rock)Rentner
und
durch
eine
Vorerkrankung
gefährdet?
Mein
Weibchen
und
ich
gehören
der
Risikogruppe
an
und
sollen
geschützt
werden.
Beide,
sowie
Hundedame
Lily,
sind
damit
einverstanden,
aber
nach
fünf
Wochen
brauchen
wir
drei
zum
Ausgleich
etwas
Bewegung.
An
diesem
Nachmittag
reift
der
Entschluss,
mit
Weib
und
Hund
das
Häuserexil
auch
einmal
zu
verlassen
und
vor
den
Toren
der
Stadt
Natur
zu
tanken.
Lily
wird,
ob
sie
will
oder
nicht,
„angezogen“
und
„eingepackt“.
Während
unserer
Fahrt
über
Wilhelmshöhe
nach
Derenburg
und
durch
die
Felder
bis
Benzingerode,
jammert
und
meckert
die
Hundelady.
Mit
ihren
nunmehr
15
½
Hundejahren
mag
sie
Autofahren
nicht
mehr
ausstehen.
Am
Ortseingang,
neben
einem
Bächlein,
stellen
wir
das
Gefährt
ab.
Lily
kackt
sofort
einen
Berg
und
scheint
erleichtert.
Das hätte sie ja gleich sagen können!
Hier
folgen
wir
auf
einem
Feldweg
dem
Lauf
des
Hellbaches,
der
schnurgerade
auf
ein
Gebüsch
direkt
an
der
B6n
zufließt.
Dieses
Durcheinander
von
Bäumen
und
Buschwerk
wollen
wir
aufsuchen.
Vorher
nimmt
Lily
noch
ungewollt
ein
Bad
im
Hellbach,
den
sie
meckernd
wieder
verlässt.
Weil
wir
die
falsche
Abzweigung
wählen,
bleibt
uns
nur
der
Sprung
über
den
Bach.
Wider
Erwarten
und
trotz
Hüfte
lande
ich
nicht
im
Wasser,
sondern
glücklich
auf
der
anderen
Seite.
Mitten
im
Gebüsch,
aufrecht
stehend,
ist
der
Menhir
zu
sehen.
Ein
wenig
stolz,
trotzig,
wie
von
Obelix
vor
langer
Zeit
dorthin
geworfen,
möchte
sich
der
Menhir,
auch
Hinkelstein
genannt,
aus
dem
Strauchwerk
recken.
Jedoch,
er
ist
inzwischen
zu
klein,
weil
mit
dem
Gehölz
nicht
mitgewachsen.
Wie
er
da
so
steht,
im
Schatten
der
Hölzer,
geht
vom
alten
Hinkelstein,
auf
der
Heimburger
Seite
der
B6n,
so
ganz
und
gar
nichts
Prähistorisches
aus.
Man
könnte
meinen,
jemand
hätte
ihn
hier
einfach
abgestellt,
vergessen.
Ein
wenig
enttäuscht
wenden
wir
uns
von
diesem
Ort
ab
und
dem
auf
der
anderen
Seite
der
Autobahn
gewordenen
B6n
zu.
Auf
dem
Weg
dorthin
über
eine
Brücke
kommt
mir
eine
kleine
Gruppe
stolzer
Reiter
entgegen.
Fast
glaube
ich
Obelix
und
Asterix
zu
treffen.
Doch
die
beiden
Damen
einer
Tierpension
genießen
nur
ihren
Ritt
durch
die
Felder.
Welch
zeitgemäßes
Vergnügen,
auf
dem
Rücken
eines
Hengstes
Corvid
19
eine
Nase zu drehen!
Hier,
auf
der
Derenburger
Seite,
am
Rande
eines
Feldes
und
gut
aufgeräumt
sowie
mit
einem
Schild
versehen,
steht
ein
schlanker
stolzer
zweiter
Menhir,
Hinkelstein
zu
Derenburg.
Im
Gegensatz
zu
dem
ersten,
macht
der
seiner
Herkunft
alle
Ehre.
Ein
stolzes
Exemplar
aus
Senon-Quarzit,
vor
mehr
als
vier
Jahrtausenden
in
der
Jungsteinzeit,
vermutlich
als
Ahnengrabanlage,
errichtet.
Obelix
war
wohl
doch
niemals
im
Harz.
Der
Stein
ragt
hier
schon
eine
kleine
Ewigkeit
einsam
am
Feldrain
und
hundert
Meter
weiter
donnert
der
Sonntagsverkehr
über
die
Autobahn.
Vermutlich
wird
der
Hinkelstein
noch
weiteren
tausend
Jahren
hier
trotzen,
wenn
Corvid
schon
längst
vergessen
und
das
Betonband
verwittert
sein
wird.
Nichts
ist
vergänglicher
als
die
von
Menschen
gemachte
Moderne
und
deren
Wachstumszeugen,
denke
ich
mir
und
glaube,
den
Menhir
beim
Nicken
erwischt
zu
haben
und
die
beiden
(noch)
älteren
Herrschaften
lächeln uns zu. Macht’s gut und bleibt beide gesund.
Der
Weg
zurück
führt
wieder
über
die
Brücke.
Über
dem
Betonband
stehend,
das
Brausen
der
Räder
unter
uns,
erleben
wir
einen
wundervollen
Ausblick
über
die
Felder
bis
zu
den
Ausläufern
des
Harzes.
Wir
schauen
auf
die
Ziegenberge
und
die
davor
liegenden
Überreste
der
ehemaligen
Heimburg
auf
einem
Hügel.
Der
Aussichtsturm
darauf,
von
dem
ich
auch
schon
ins
Land
gesehen
habe,
ist
sehr
gut
zu
erkennen.
Dahinter,
einige
Kilometer
im
Hintergrund,
ist
die
Ruine
der
Felsenburg
Regenstein
zu
erkennen.
Durch
die
sanften
Hügel
davor
windet
sich
das
Band
der
Autobahn
wie
eine
gut
getarnte
Riesenschlange.
Von
der
Brücke
bestaune
ich
diese
natürliche
Szenerie.
Hinter
mir
führt
die
Bahn
der
rollenden
Räder
weiter
bis
nach
Goslar,
immer
am
Harz
entlang
mit
dem
Brocken
darüber.
Operation
Hinkelstein
führt
mir
gerade
vor
Augen,
in
was
für
eine
wundervolle
Landschaft
uns
der
Zufall
und
das
Glück
„vertrieben“
haben.
Beiden
bin
ich
dankbar,
meine
Zeit
als
(Rock)Rentner
nicht
am
Rande
der
vergessenen
Wälder
und
Auen
von
Südbrandenburg,
Elsterwerda inbegriffen, verbringen zu müssen. Hier gehören wir hin, das haben wir uns verdient – Punkt!
In
diesen
Zeiten
der
Regentschaft
von
Corvid
ärgert
sich
die
halbe
deutsche
Menschheit
gerade
ganz
fürchterlich,
ihren
Urlaub
nicht,
wie
gewohnt
und
gepriesen,
sonst
irgendwo
verbringen
zu
können.
Es
ist
eine
gesamtdeutsche
Katastrophe,
denken
viele,
und
meinen
todunglücklich
sein
zu
müssen.
Wenn
die
wüssten,
dass
hier
zwei
Hinkelsteine
den
Harz
mit
all
seinem
versteckten
Zauber
bewachen
–
nein,
wenn
das
alles
vorüber
ist,
werden
alle
wieder
den
alten
Trott aufnehmen, Corvid hin und Menhir her.
Wir
genießen
diesen
schönen
Augenblick
noch
eine
Weile,
bewundern
die
kleinen
Marienkäfer
an
den
Zweigen
und
wenden
uns
dann,
der
tief
stehenden
Sonne
entgegen,
dem
Rückweg,
am
Bächlein
und
grünen
Wiesen
mit
tausenden
Pusteblumen
entlang,
zu.
Die
kleine
Bachstelze
auf
dem
Feldweg
lassen
wir
hier
zurück.
Die
ist
wirklich
frei
und
glücklich scheint sie auch.