Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, zufälligen Begegnungen und Entdeckungen im Harz.
Blick von Ruine Luisenburg & Schloss Blankenburg 06.07.2021 So war das nicht geplant, aber es ist genau so gekommen. Eigentlich war der Plan, mal eben so zwei weitere Stempel einzusammeln. Beide liegen laut Karte ziemlich dicht beieinander, Ruine Luisenburg und der Großvaterfelsen, ein Teil der Teufelsmauer, trennen gerade einmal knapp zwei Kilometer zu Fuß. Die paar hundert Meter sind ein Klacks, dachte ich. Am Schlossgarten vorbei, dann in den Wald und schon sind die Reste von Luisenburg erreicht. Danach zurück, am Berghotel Vogelherd vorbei, in den Großvaterweg einbiegen und schon sind die zwei Stempel auf dem Papier. Dass den Parkplatz in Blankenburg (auf 230 NN) und die Reste der Burgruine auf 350 NN mal eben einhundert Höhenmeter trennen, war weder ersichtlich, noch ausgemacht. Ist aber so! Gegen 9.00 Uhr fällt die Entscheidung, den Nachmittag auf vormittags zu verlegen. Nach dem Mittag, sagt der Wetterfrosch, soll es regnen. Bei strahlendem Sonnenschein erreichen wir eine Stunde später den Parkplatz unterhalb vom Schloss in Blankenburg. Der Weg beginnt gegenüber und führt, zwischen den Barocken Gärten auf der rechten und dem Fasanengarten zur linken, schnurstracks nach oben. An der Wiese entschließen wir uns, die „Abkürzung“ zu nehmen und gewinnen alsbald Meter um Meter an Höhe bis unterhalb vom Berghotel Vogelherd. Hier habe ich schnell meine Betriebstemperatur erreicht und bin froh, dass der Weg bis zum Parkplatz direkt am Schloss halbwegs normal begehbar ist. Dort angekommen, finden wir endlich den rechten Pfad in den Wald und zur Ruine. Der allerdings hat nun die Aufgabe, uns nach oben zu führen. Es wird steinig, verdammt steil und die Pumpe läuft inzwischen in der größtmögliche Übersetzung, um der kaputten Hüfte eine Chance zu geben. Es geht von nun an, und für den Rest der Steigung, in Fünzig-Meter-Intervallen, diesen Berg hinauf, bis endlich die Kuppel, und damit der letzte steile kurze Anstieg, zu sehen ist. Den nehme ich, meinen Wanderzauberstab als Unterstützung, mit Schwung und dann stehe ich vor den Stufen zum „Altar“, der den Rundblick in die Landschaft gestattet. Der Platz, wo einst diese Luisenburg stand, ist erreicht. Mir schlackern die alten Knochen, aber ich bin glücklich! Wieder einmal. Das kleine Schloss ließ ein damaliger Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel für seine Gemahlin Luise von Oettingen auf dem Calvinusberg errichten. Vom einstmals achteckigen Fachwerkbau, der von acht kleinen Zimmern umgeben war, sind heute bestenfalls noch die Umrisse zu erahnen, die vom Gebüsch zugewuchert ruhen. Heute steht man auf einem überdachten Rastplatz, von dem aus man das weite Harzvorland zwischen Blankenburg, Cattenstedt sowie Wienrode bewundern kann. Der Blick reicht bis zu den Ausläufern der Berge, die wie eine Skyline den Horizont begrenzen. Ein reizvolles Panorama, für das es sich wieder einmal gelohnt hat, den Berg aufwärts, schwitzend und stöhnend, zu erkraxeln. Der Abdruck mit der Nummer 77 ins Stempelheft gerät dabei beinahe zur Nebensache. Nur langsam gelingt es mir, mich vom Anblick der Ebene loszureißen und den steinigen Weg abwärts zu riskieren. Zum Glück verstehen sich meine Hüfte und der Wanderzauberstab heute hervorragend und bilden ein gutes sowie eingespieltes Team. Eigentlich war der Plan, nunmehr das Vorhaben Großvaterfelsen zu beginnen, also einen anderen Weg zu wählen. Wir entschließen uns vor dem Tor zum Schloss Blankenburg, darauf zu verzichten und dem Schlossensemble einen Besuch abzustatten. Dort war ich bisher auch noch nicht. Also durchschreiten wir auf Pflastersteinen den Torbogen und werden dahinter mit dem nächsten Panoramablick, diesmal direkt auf die Stadt Blankenburg, belohnt. Eine Bank direkt am Geländer lädt zur Rast ein und so kann ich in aller Ruhe Blankenburg, zumindest einen Teil, von oben betrachten. Nach fast sieben Jahre nah am Harz kenne ich mich inzwischen ganz gut aus. Ich sehe die Straßenzüge, die hinauf zum Gipfel des Ziegenkopf mit dem Aussichtsturm führen und ein Stückchen weiter rechts die Wilhelm-Rabe-Warte, die wir gemeinsam mit Lily erkletterten. Ich erkenne die Oesig, wo im Sommer 2014 alles begann und dahinter das kleine Örtchen Heimburg mit der gleichnamigen Burgruine auf dem Berg dahinter. Auch dort hinauf hat uns Lily noch begleitet, wie auch zu der felsigen Burgruine Regenstein ganz rechts. So viele herrliche Erinnerungen und von hier oben, auf der Bank vom Schloss Blankenburg sitzend, kann ich sie alle mit einem Blick erfassen. Wie gerne hätte ich die kleine Hundelady noch an meiner Seite, doch ich weiß, dass sie jetzt ohne Leiden und friedlich ruht. Für die gemeinsamen sechzehn Jahre bin ich unendlich dankbar … Im Schlosshof herrscht beschauliche Stille, statt die quirlige Betriebsamkeit vieler Besucher. Das hatte ich anders erwartet, aber so kann ich in aller Ruhe, und sitzend, den Innenhof betrachten. Für einen Besuch der Innenräume bin ich heute nicht mehr motiviert genug, für ein Gespräch mit einem netten Herrn vom Personal des Fördervereins reicht es allerdings noch. Von ihm erfahre ich letztlich wichtige Details mein Hüftgelenkt betreffend. Allein deshalb hat sich der ungeplante Abstecher hierher, statt zum Großvaterfelsen, gelohnt. Guten Mutes und mit neuer Zuversicht ausgestattet, verlasse ich diese historische Stätte und begebe mich auf den Rückweg. Ganz unerwartet entdecken wir zwei weitere Stempelkästen, deren Abdrücke ebenfalls in den Wanderheften landen. Na bitte, geht doch auch ohne den felsigen Großvater von der Teufelsmauer. Der Weg abwärts führt vorbei am geschlossenen Gasthof „Obere Mühle“, wo noch einmal der Blick auf die Stadt einlädt, sie zu bewundern. An einer riesigen Rotbuche vorbei lenke ich meine Schritte durch den zauberhaft und herrlich blühenden Berggarten, durch ein „verwunschenes Steintor“, geradewegs in die Barocken Gärten hinein. Überall verwöhnen bunte Blüten das Auge und es duftet in unzähligen Nuancen. Nichts davon vermag ich zu deuten, aber allem wohnt eine märchenhafter Magie inne, die ich gern in mich auf- und mitnehme. Als ich am Parkplatz eintreffe, verkündet eine Kirchenglocke die Mittagsstunde. Eine Baude am unteren Ende des Parkplatzes lockt mit Erbsensuppe, Bockwurst sowie allerlei leckeren Krimskrams zum Naschen. Meine Entscheidung lautet, wie sollte es auch anders sein, Bratwurst mit Brötchen. Danach bin ich rundum zufrieden, die Bratwurst im Magen und das Brötchen eingewickelt in der Tasche. Am Himmel über der Stadt ziehen jetzt dunkle Wolken auf und als ich kurz vor Halberstadt in den Rückspiegel schaue, sehe ich, wie sich ein breites Band dunkler Wolken über den Harz schiebt. Von mir aus kann es jetzt regnen.