Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Zum Armeleuteberg und Rapunsel’s Kaiserturm
12.03.2022
„Gindersch,
gooft
Gämme,’
s
gomm
laus’sche
Zeiden“,
ist
ein
Spruch
des
Leipziger
Mundartdichters
Oscar
Seifert,
der
vor
rund
einhundert
Jahren
lebte.
Mein
Vater
benutzte
die
Metapher,
um
seinen
Unmut
kund
zu
tun,
wenn
ihm
etwas
daneben ging.
Inzwischen
durchleben
wir
wieder
„lausigen
Zeiten“.
Das
ganze
Spektrum
von
Corvid
19
bis
Krieg
in
Europa
steht
zur
Auswahl
und
täglich
kommt
eine
neue
Gemeinheit
hinzu.
Statt
Flicken
im
Hemd
oder
Löcher
im
Schuh,
auf
die
sich
diese
Worte
von
Oscar
Seifert
beziehen,
rührt
mein
Unmut
heute
von
jenen
Putin,
Trump,
Gernegrößen
&
Co.
her,
die
meinen,
einfache
Bürger
benutzen
und
betrügen
zu
können,
wie
es
ihnen,
im
Streit
um
Einfluss,
Macht
und
Rohstoffe
plus
persönlichen
Reichtum,
gerade
beliebt.
Menschen
sterben,
Ideologien
wüten
und
Überzeugungen
brechen
zusammen,
wie
die
stolzen
Mauern
von
Häusern.
Mir
wird
schlecht
davon
und
manchmal
hilft
nur
noch,
der
Glotze
den
Strom
zu
entziehen,
den
Meinungsbildnern
aller
Herren
Länder
den
Mund
zu
verbieten
und
nur
noch
raus
in
die
aufwachende
Natur
zu
gehen.
Raus
und
weg
von
allem,
was
mir
gerade
gehörig
auf’n
Sack
geht!
Was
und
wem
soll
ich
denn
in
diesen
Tagen
glauben,
wenn
meine
eigene
Überzeugung,
wie
ein
filigranes
Kartenhaus,
in
sich
zusammenbricht?
Südlich
von
Wernigerode
erhebt
sich
ein
Berg
bis
auf
477
Meter
gen
Himmel.
Der
Armeleuteberg
mit
dem
gleichnamigen
Waldgasthaus
ist
ein
beliebtes
Wanderziel.
Die
Stempelstelle
35
lockt
zudem
viele
Stempelwanderer
für
den
Abdruck
im
kleinen
Heftchen.
Von
Halberstadt
bis
zum
südlichen
Stadtrand
von
Wernigerode
fährt
man
etwa
zwanzig
Minuten.
Dort
findet
sich
eine
enge
Parklücke,
in
die
unser
Blechgaul
gerade
so
hinein
passt.
Reichlich
vier
Stunden wird er dort verweilen müssen, doch davon ahnt er noch nichts. Ich übrigens auch nicht.
Der
Weg
ist
eine
Verlängerung
der
Straße.
Die
führt
geradeaus
und
unmerklich
aufwärts.
Der
Belag
ändert
sich
erst,
als
der
Waldrand
erreicht
ist.
Vor
uns
liegt
ein
Waldweg,
der
an
einer
Wiese
entlang
führt.
Es
fühlt
sich
gut
an,
endlich
wieder
das
Gefühl
von
Waldluft
und
Ruhe
zu
spüren,
den
Stock
in
der
Hand
zu
halten.
Als
sich
der
Weg
nach
links
über
die
Wiese
wendet,
sehe
ich
einen
steilen
Pfad,
der
hinauf
auf
den
Berg
führt,
direkt
und
gerade
in
den
Hang
hinein.
Der
Karte
hatte
ich
entnommen,
dass
der
Weg
bis
nach
oben
knapp
drei
Kilometer
lang
sein
würde.
Dass
er
mehr
als
200
Höhenmeter auf dieser Strecke überwinden würde, behielt ich lieber für mich. Aus gutem Grund, wie ich jetzt sehe.
Schon
die
ersten
Meter
gehen
direkt
in
die
Knochen
und
nein,
nicht
in
die
Hüfte.
Mit
dem
Wanderstab
in
der
Hand
erklimme
ich
Meter
um
Meter,
merke
aber
bald,
dass
mir
durch
OP,
Reha
und
Corvid
die
Kondition
vom
letzten
Sommer
abhanden
gekommen
ist.
Doch
es
geht
mir
nicht
allein
so,
also
quälen
wir
uns
gemeinsam
den
steilen
Hang
und
diesen
ersten
Berg,
über
Stock,
Stein
und
durch
Biegungen,
hinauf.
Darauf
hatte
ich
lange
gehofft,
doch
dass
es
schmerzen
würde,
hatte
ich
nicht
mehr
auf
dem
Schirm.
Nach
einem
Viertelstündchen
ist
der
Hang
geschafft
und
mein
Herz
pumpt,
das
mein
Kreislauf
wieder
wie
ein
munteres
Bächlein
pulsiert.
Was
für
ein
Glückgefühl,
sich
überwunden
zu
haben! Eine Bank lädt an einer Kreuzung zur Rast und ich gönne mir einen Schluck Wasser.
Unser
Weg
führt
weiter
am
Hang
entlang.
Er
windet
sich
gemächlich
aufwärts
und
gewährt
hinter
der
nächsten
Biegung
erste
Blicke
durch
die
abgebrochenen
Bäume
hinunter
ins
Tal,
aus
dem
wir
kamen.
Überall
auf
den
Hängen
liegen
abgebrochene
Bäume
und
tote
Stämme
ragen
kahl
in
den
azurblauen
Himmel
über
uns.
Wir
wandern
bergauf
durch
eine
eigenartig
bizarre
Berglandschaft,
sehnsüchtig
auf
den
Frühling
und
viel
Grün
wartend.
Zwischen
den
aschfahlen
Stämmen
am
Hang
kann
man
auf
dem
Berg
den
Kaiserturm
erkennen
und
im
Geäst
des
Waldes
hat
sich
Mond’s
Karle
verfangen.
Gedanklich
beschließe
ich,
den
Turm
noch
besteigen
zu
wollen.
An
der
nächsten
Weggabelung
lädt
ein
neuer
Pfad
zum
Betreten
ein
und
ein
kleines
Schild
bestätigt,
dass
wir
uns
auf
dem
rechten
Weg
befinden.
Das
ist
jetzt
der
dritte Berghang, den wir langsam erklimmen und die Sehnsucht wächst, endlich irgendwo da oben anzukommen.
Hinter
der
nächsten
Biegung
haben
wir
es
geschafft.
Zwischen
den
Bäumen
entdecke
ich
am
Hang
ein
Haus.
„Sie
haben
den
Waldgasthof
„Armeleuteberg“
erreicht“,
sagt
mein
inneres
Navi.
Dann
erklimme
ich
steinerne
Stufen,
finde
eine
robuste
Sitzgelegenheit
mit
Tisch
und
darf
endlich
verschnaufen.
Uff,
geschafft!
Wir
setzen
uns
zu
einem
Paar
mit
Kind,
genießen
jeder
einen
Topp
Kaffee
und
befinden
uns
dabei
in
angenehmer
Gesellschaft.
Diese
Gastlichkeit
auf
dem
Armeleuteberg
ist
ein
abgelegener,
aber
sehr
Natur
belassener
Fleck.
Entfernt
vom
plärrenden
Lärm
des
Lebens
empfangen
den
Wanderer
hier
oben
Sonne,
Wind
und
die
Höhenluft
im
Harz.
Der
geistige
Ballast
der
vergangenen
Tage
ist
irgendwo
auf
der
Strecke
und
beim
Wandern
im
Wald
verloren
gegangen.
Ich
fühle
mich
zwar
körperlich
kaputt,
aber
seelisch befreit und sehr glücklich. Wieder einmal.
Nach
dieser
Kaffeepause
entdecke
ich
ein
Schild
nah
am
Gasthaus.
Drauf
ist
der
Beginn
des
Märchens
von
Rapunzel
nachzulesen
und
ganz
unten
der
Hinweis
„Fortsetzung
folgt“.
Soll
heißen,
dieser
Weg
ist
ein
Märchenweg,
der
im
Hasseröder
Ferienpark
beginnt
und
hier
auf
dem
Berg,
am
Kaiserturm,
endet.
Dann
ist
jener
Turm
wahrscheinlich
der
von
Rapunzel,
denke
ich,
und
äußere
den
Wunsch,
auch
noch
die
paar
hundert
Meter
zum
Turm
unter
die
Füße
nehmen
zu
wollen.
Noch
einmal
aufraffen
und
diese
Bergkuppe
ersteigen,
die
hinter
dem
Armeleutegasthaus
zu
sehen
ist.
Auf
dem
Weg
dorthin
werde
ich
zu
beiden
Seiten
mit
herrlicher
Aussicht
auf
die
Berge,
den
Brocken
und
in
die
Ebene
belohnt.
Solche
Anblicke
erlebe
ich
wie
im
Rausch
und
mit
dem
Gefühl,
jetzt
hier
als
Harzer
angekommen
zu
sein.
Als
ich
endlich
oben
den
Turm
erreicht
habe
und
direkt
vor
ihm
stehe,
bin
ich
versucht,
laut
zu
rufen:
„Rapunzel,
lass’
dein
goldenes Haar herunter!“
Stattdessen
besteige
in
den
Turm
über
eine
enge
Wendeltreppe
im
Innern
und
stehe
wenig
später
in
luftiger
Höhe
auf
477
(plus
zwölf)
Metern
über
dem
Harz.
Der
Wind
weht
und
das
Geländer
ist
niedrig.
Ein
mulmiges,
aber
berauschendes
Gefühl,
das
mir
Adrenalin
durch
den
Körper
jagt.
Ist
das
herrlich,
hier
oben
zu
stehen
und,
wegen
der
kalten
Luft,
eine
großartige
Fernsicht
zu
haben.
Der
ganze
Harz
in
all
seiner
Pracht
liegt
mir
quasi
zu
Füßen
und
davor
breitet
sich
die
Weite
der
Ebene
bis
rüber
zum
Huy
aus.
Das
Brockenplateau
mit
seinen
Höhenzügen
darunter
und
einigen
langsam
aufsteigenden
Nebelschwaden
geben
sich
wie
ein
zauberhaftes
Gemälde
der
Romantik.
Man
könnte
ins
Schwärmen geraten und außerdem in Versuchung, von hier aus wie ein Adler zum Flug über die Höhen zu starten.
Mein
Blick
schweift
vom
Brocken
hinunter
nach
Wernigerode.
Die
Stadt
liegt
zu
Füßen
der
Berghänge
und
zwängt
sich
mit
ihren
Straßen
in
die
Täler
hinein.
Hoch
über
den
Häusern
wacht
die
stolze
Burg
über
das
Leben
ihrer
Bewohner
und
ich
schaue
staunend
zur
Burganlage
hinüber
und
den
Agnesberg
daneben.
Dieser
Flecken
ist
so
wunderschön,
dass
ich
mich
nur
ungern
vom
Anblick
aus
luftiger
Höhe
trennen
möchte.
Doch
ich
kann
auch
sehen,
wie
sich
die
Sonne
langsam
den
Bergen
nähert.
Es
wird
Zeit,
den
Rückweg
anzutreten.
Ein
letzter
Blick
in
die
Ferne.
Für
Momente
verfalle
ich
dem
Gefühl,
auf
Schwingen
über
die
Höhen
gleiten
zu
können,
ehe
ich
wieder
absteige
und
sicheren
Boden
erreiche.
Bei
einem
Blick
in
das
Blau
des
Himmels
über
mir
sehe
ich
den
Mond
in
einem
Baum
hängen
und
ein
Flugzeug,
das
vom
Erdtrabanten gestartet zu sein scheint - auf nach Hause!
Von
diesem
Augenblick
an
geht
es
nur
noch
bergab,
auf
drei
Kilometern
über
zweihundert
Meter
in
die
Tiefe.
Es
läuft
sich
leicht,
aber
nicht
locker.
Die
lange
Wanderpause
macht
sich
wieder
bemerkbar
und
mein
Rücken
registriert
jeden
neuen
Schritt
als
kleinen
Stoß
ins
Gebälk.
Egal,
ich
genieße
die
sinkende
Abendsonne,
deren
Strahlen
durch
die
Baumstämme
lugen.
Von
mir
malen
sie
einen
langen
Schatten
auf
den
Weg,
eine
Figur,
der
ich
folge,
aber
nicht
einholen
kann.
Ich
bin
im
Zauberwald
des
Abendlichts
unterwegs.
Die
Feen
und
Kobolde
erwachen
und
aus
dem
nahen
Dickicht
winken
mir
wohl
bekannte
Gestalten
zu:
„Hallo
Glöckchen
und
Tröpfchen,
grüß’
dich,
Rinderich“,
und
dann
sind
sie alle drei auch schon wieder verschwunden.
Unten
angekommen,
finden
wir
die
Wiese
still
und
verlassen.
Selbst
der
„singende
Brunnen“
am
Rand
schweigt,
er
tröpfelt
nur
zaghaft.
Alt
werden,
so
sagt
man,
wäre
nichts
für
Feiglinge.
Quatsch,
denke
ich.
Alt
zu
werden
ist
ein
Geschenk!
Ich
muss
nicht
mehr
schnell
sein,
nichts
beweisen
und
auch
nichts
mehr
gewinnen.
In
meinem
Alter
darf
ich
genießen,
ich
darf
ruhen,
aktiv
oder
kreativ
sein;
ganz
nach
Belieben
und
nach
Lust.
Alter
ist
auch
die
Hoffnung,
diese
Welt
möge
Frieden
finden
und
die
Menschen
endlich
sich
selbst.
Das
Leben
ist
so
ein
wundervolles
Geschenk,
ganz
gleich,
ob
von
einem
Gott
oder
Mutter
Natur
gegeben.
Hinter
mir,
im
Rückspiegel,
geht
die
Sonne
unter,
taucht
leuchtend
hinter
den
Bergen
ein,
bemalt
den
Himmel
mit
warmen
Farben.
Morgen
wird
es
einen
neuen
Sonnenaufgang
geben, so oder so …