Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Die Folkländer live in Leipzig
16.10.2021
Nach
einem
Konzert
in
Naunhof
2021
hatten
sie
versprochen,
die
zweite
Ausgabe
von
„So
viele
Wege“
folgen
zu
lassen
und
damit,
so
es
möglich
sein
würde,
auch
die
Bühnen
zu
betreten.
Deshalb
stehe
ich
in
der
Leipziger
Liebknecht-
Straße
vor
dem
Haus
der
naTo,
einem
innovativen
Kunstzentrum
im
Süden
der
Sachsenstadt.
Seinen
Ursprung
hatte
dieses
Haus
Anfang
der
1980er
als
sozialpolitisches
Zentrum
der
Nationalen
Front
der
DDR.
Der
Volksmund
machte
daraus
bald
die
NaFro.
Heute
heißt
es
die
naTo
und
wer
möchte,
darf
gern
ein
weiteres
innovatives
Gedankenspiel
hinein
interpretieren.
Ich
jedenfalls
denke
mir
meinen
Teil.
Heute
bin
ich
hier,
um
die
Folkländer
nach
diesem
Jahr
wieder zu treffen und mit dem Programm zu „Vol. 2“ live zu erleben, „solange sie noch Folksongs spielen“.
Nach
einem
Stauaufenthalt
parallel
zum
Flughafen
Leipzig,
ist,
wider
Erwarten,
ein
Abstellplatz
in
der
Körnerstraße
schnell
gefunden.
Eine
Minute
später
sind
wir
drinnen
und
der
Saal
noch
nicht
geöffnet.
Glück
gehabt.
Dafür
überraschen
uns
Sibylle
und
Holger
aus
der
alten
Heimat
mit
ihrer
Anwesenheit.
Wer
hätte
das
gedacht.
Drinnen
nehmen
wir
den
Mittelteil
einer
ersten
(erhöhten)
Reihe
in
Beschlag.
Geschafft.
Von
jetzt
an
kann
es
nur
noch
ein
Folks-
Fest
werden,
denn
auch
das
Folks-Kunst-Kollektiv
steht
quasi
schon
in
den
Startlöchern,
wie
ich
durch
einen
Spalt
im
Vorhang erblicken kann.
Man
habe
sich
entschlossen,
„vor
dem
ersten
Lied
kein
Wort
zu
sagen“,
erklärt
uns
Jürgen
B.
Wolff
wortreich,
während
er
die
Konzertina
auf
seinem
Schoß
platziert,
um
sogleich
„Gott
schütze
den,
der
gepflanzt“
mit
seinem
markanten
Timbre
anstimmt.
Ich
lehne
mich
gelöst
zurück,
habe
freien
Blick
und
fühle
mich
wie
zu
Hause
in
dieser
intimen
Atmosphäre.
Von
nun
an
bestimmen
Gitarre,
Violine,
Akkordeon,
Bass,
Mandolinen,
Flöten
und
das
Hackbrett
den
Klang
von
Erinnerungen
und
Aussehen
der
Bilder
im
Kopf.
Viele
davon
kenne
ich
aus
älteren
Tagen
und
auch
vom
Konzert
im
Kranwerk.
Die
Melodie,
die
dann
folgt,
ist
mir
bestens
bekannt,
aber
ein
Black-Out
verklemmt
die
Erinnerung,
woher
ich
die
schöne
Weise
kenne.
Keine
Chance!
Erst
viel
später
wird
mir
ein
helles
Lichtlein
entzündet.
Die
„Ballade
von
der
Unzulänglichkeit
menschlichen
Strebens“
(Dreigroschenoper)
fegt
mein
Nachdenken
beiseite.
Ich
blicke
ein
Jahr
zurück,
denn
schon
im
Kranwerk
sangen
sie
die
Neuschöpfung
„Das
Nest“
nach
Friedrich
von
Sallet,
die
in
der
ersten
Ausgabe
von
„So
viele
Wege“
zu
neuen
Ehren
gelangte:
„Kein
Lied,
sei’s
noch
so
lahm
und
dumm,
das
sich
nicht
munter
pfeifen
lässt“.
Da
muss
ich
wieder
in
mich
hinein
grinsen,
während
die
Melodie
meinen
Ohren
schmeichelt
und
die
andere
vergessen lässt.
Als
„Du
und
ich“
angekündigt
wird,
muss
ich
schon
im
Voraus
lachen.
Dieser
folkloristisch-textliche
Geniestreich
eines
weisen
Folks-Lästerers
hat
es
mir
angetan.
Da
verpackt
der
Herr
Wolff
Menschen,
wie
eben
dich
und
mich,
deren
alltäglichen
Unzulänglichkeiten,
in
gesungene
Verse,
dass
einem
warm
ums
Herz
und
gar
lustig
im
Gemüt
wird:
„Wer
hat
nach
einem
Glas
genug,
weiß
es
aber
nich’
–
ich“.
Im
Saal
höre
ich
Lachsalven,
lautes
Kichern
und
hinter
mir
kann
sich
jemand
lachend
kaum
noch
auf
seinem
Stuhl
halten.
Die
Nummer
ist
schlicht
genial,
würde
einem
silbernen
Eisen
aber
zu
kompliziert
sein.
Ist
eben
so.
Auf
der
CD
mit
der
Bezeichnung
„Vol.
2“
ist
auch
der
„Kanonensong“
zu
entdecken.
Auch
da
ist
fröhliches
Schmunzeln
das
Ergebnis:
„Die
Mädchen
muss
man
lieben
–
ja,
ja
lieben
-
bevor
sie
werden
alt“.
Warum
ausgerechnet
der
Posaunenmann
ein
herrliches
Solo
spielen
darf,
sollte
man
sich
live,
hörend
und
sehend, erschließen. Ich bin hier nur der ungenaue Aufschreiber.
Die
Damen
und
Herren
um
Star-Folker
Wolff
könnten
diesen
Abend
auch
zum
Jubiläumskonzert
nach
vierzig
wundervollen
Jahren
FOLKLÄNDER
küren.
Aber
nein,
sie
musizieren
lieber
und
genießen
den
Erfolg
von
„So
vielen
Wegen“.
Dabei
sparen
sie
nicht
mit
nachdenklichen
Gedanken
und
Seitenhieben
in
alle
Richtungen,
einschließlich
der
nach
Russland.
Am
liebsten
sind
mir
persönlich
aber
jene
Wort-
und
Sinnspiele,
die
in
kreativ
verspielten
Melodien
zu
finden
sind,
so
wie
im
„Lob
der
Artenvielfalt“,
wo
die
Hummel
im
Lauch
aufm
Bauch
liegt
und
ein
irres
Hackbrettsolo
mich
zu
begeistern
vermag.
Ich
hab’
mich
auch
diesmal
wieder
lachend
weggeschmissen
und
laut
in
mich
hinein
gebrüllt,
„Das
Leben
is’
halt
so“
und
dann
kommt
die
Heidi
vorbei
geschaut.
Woher,
das
kann
grad
niemand
sagen.
Der
folkländische
Leit-Wolff
intoniert
„High-Dee-Hi“
und
mir
kommt
für
die
Bruchteile
eines
Augenblicks
„Hi-Dee
Ho“
in
den
Sinn.
Diese
Parallele
kann
kein
Zufall
sein,
denke
ich
mir,
zumal
er
am
Schluss
„No
woman
–
no
cry“
nachklingen
lässt.
Ich
find’s
herrlich
und
genial
zugleich.
Solche
Zeilen
kann
nur
einer
fabrizieren,
der
sowohl
Blood,
Sewat
&
Tears,
als
auch Bob Marley mit Genuss gehört hatte. Ich jedenfalls genieße es.
Die
zweite
Ausgabe
von
„So
viele
Wege“
hatte
ich
mir
bereits
Wochen
vor
dem
Konzert
besorgt.
Auch
diesmal
kroch
mir
sofort
ein
Lied,
der
Wortspielerei
wegen,
direkt
ins
Ohr.
„Wenn
oder
aber“,
jetzt
in
der
naTo
auch
live
zu
hören,
ist
herrlich.
Warum,
das
sollte
ein
jeder
selbst
herausfinden,
denn
nicht
alles
kann
so
ein
Geschreibsel
vorwegnehmen,
will
es
auch
nicht.
Ich
liebe
es
und
das
Vergnügen,
zu
sehen,
wie
auch
die
Musikanten
ihren
Spaß
damit
haben,
während
sich
die
Lacher
im
Saal
gegenseitig
übertreffen,
weil
„Wenn
ohne
aber“
immer
noch
einen
drauf
zu
setzen
vermag.
In
einigen
Momenten
frage
ich
mich,
wieso
die
da
vorn
weiter
singen
können,
statt
sich
lachend
die
Schenkel
zu
bekloppen.
Es
ist
köstlich
und
wie
diese
Kost
dargeboten
wird,
ist
zudem
einzigartig.
All
die
Feinheiten
von
Säge,
Hackbrett
oder
Okarina,
von
Posaune
und
Cajon
ganz
zu
schweigen,
mitzubekommen,
ohne
die
fein
gesponnene
Lyrik
zu
vernachlässigen,
scheint
nahezu
unmöglich
–
geht
aber
doch
–
bis
hin
zu
dieser
herrlichen
Dylan-Adaption
„Schenner
als
wie
hier“.
Die
ist
so
liebevoll
gemacht,
dass
mir
beinahe
die
Augen
feucht
werden.
Schön,
dass
diese
alte
Weise
nun
auch auf „Vol. 2“ nachklingt. Vielleicht sollte man „Their Bobness“ eine Kopie zukommen lassen?
Nachdenklich
wird
es,
als
die
Bearbeitung
eines
Textes,
den
ein
Leipziger
Landschullehrer
schrieb,
im
kleinen
Saal
erklingt.
Völker
schlachten
damals
–
und
leider
heute
wieder.
Im
Grunde
tut
es
weh,
dass
Lieder
wie
dieses
noch
immer
aktuell
sind,
obwohl’s
gar
nicht
Absicht
der
Folkländer
war,
denn
Putin
schien
noch
friedlich.
Der
Schein
trog,
wie
wir
längst
und
schmerzlich
wissen,
aber
die
Zeilen,
damals
gedacht,
scheinen
von
heute:
„Gib
den
Eltern
ihre
Söhne
und
den
Frauen
ihren
Mann
und
dann
gib
mir,
wonach
ich
mich
sehne,
dass
ich
endlich
wieder
schlafen
kann“.
Da
haben
wir
uns
wohl
von
der
Gier
nach
trügerischer
Bequemlichkeit
und
fortwährendem
Wachstum
in
die
Irre
leiten
lassen!
Schon
1970
sang
Joe
South
in
„Games
People
Play“
gegen
Hass
und
Intoleranz
an.
Fünf
Dekaden
später
ist
bei
den
Folkländern daraus „Spiele spielen“ geworden. Tolle Interpretation, kein Kommentar und bloß kein „Weiter so“!
Dass
es
draußen
dunkel
geworden
ist,
spürt
man
drinnen
nicht.
Dass
es
dem
Ende
entgegen
klingt,
aber
schon.
Mit
„Vertane
Chancen“,
einer
Cover-Version
von
Cinderella,
wird
es
mit
folkigen
Akkorden
eingeläutet.
Eine
sanfte
Rock-
Weise,
zu
der
uns
die
Musikanten
und
deren
Gäste
bei
den
Folkländern,
von
links
nach
rechts,
vorgestellt
werden,
als
da
an diesem Abend sind:
Heide Eichenberg (Akkordeon, Gesang),
Ulrike Triebel (Geige, Fiedel, Säge & Gesang),
Jürgen B. Wolff (Gitarre, Harmonika & Gesang)
Jindra Lattke (Kontrabass),
Manfred Wagenbreth (Mandolinen, Mundi & Gesang),
Gabi Lattke (Hackbrett, Flöten, Okarina & Gesang) sowie
Micha Zimmermann (Posaune) und
Thomas Hauff (Cajon), beide als Gäste.
Dieses
Folk-Ensemble
alter
Schule
und
Güte
lässt
mich
innerlich
beben,
weil
die
Musik
selten
live
zu
hören
ist.
So
viel
Gehalt,
so
viel
Nachdenklichkeit
und
so
viel
entspanntes
Vergnügen
zu
berührenden
Melodien,
sind
genau
jene
Melange,
die
mich
über
Jahre
geprägt
hat.
Wie
heißt
es
doch
in
der
letzten
Zeile
von
„Vertane
Chancen“:
„Solang
wir
noch
Folksongs spieln, solang sind wir jung“. Noch Fragen?
Genau
das
zwei
Stunden
lang
spüren
zu
können,
macht
glücklich
und
hat
den
Weg
hierher
gelohnt.
Es
gibt,
als
eine
der
Zugaben,
nun
noch
den
Titelsong
beider
CD-Veröffentlichungen
„So
viele
Wege“,
zu
hören
und
beinahe
zum
Schluss
noch
das
schöne
Wanderlied
„Wir
drei,
wir
gehen
jetzt
auf
die
Walze“.
Natürlich
hätte
ich
noch
gern
die
eine
oder
andere Melodie gehört, wäre gern in dieser ach so warmen Stimmung geblieben, jedoch ….
Ich
bin
unsagbar
glücklich,
diesen
Folk-Abend
mit
den
Folkländern
aufgesucht
und
erlebt
zu
haben.
In
Zeiten
aufziehender
Kälte
und
menschlicher
Unwägbarkeiten,
tun
Volkslieder,
alte
und
neue,
als
Quell
von
Wärme
und
Miteinander,
verdammt
gut.
Auf
Chart-Show
&
Co.
kann
ich
locker
verzichten,
auf
das
wärmende
Gefühl,
Menschen
zu
treffen,
die
ähnlich
mir
ticken,
aber
nicht.
Diese
unsichtbaren
Bande
sollten
wir
uns
erhalten
und
wenn
irgend
möglich,
weiter Folksongs spielen, singen und hören. Das Volk will es so.