Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, zufälligen Begegnungen und Entdeckungen im Harz.
Kürbis-Open-Air im Spargelhof Klaistow 13.10.2021 Vor mir, hinter mir sowie links und rechts neben mir rasen die Blechkarossen auf dem Betonband der Piste in Richtung Berliner Ring. Eine halbe Stunde lang hetzen und hoffen, dass sich jeder Fahrer an die Spielregeln hält. Die Ziellinie an der Ausfahrt Beelitz erreiche ich glücklich und unversehrt. Danach rollt das Gefährt die wenigen Kilometer entspannt aus. Hinter dem Kreisverkehr fahre ich links auf ein abgemähtes Feld: Parkplatz erreicht. Wir treffen uns hier mit verbliebenen Freunden aus vergangenen Tagen. Gemeinsam etwas erleben, gemeinsam Zeit verplempern und gemeinsam Spaß haben. Ich lasse mich überraschen, habe etwas von Spargel, Kartoffeln und Kürbissen gehört. Das Erste, was mir auffällt, ist der alte Leiterwagen aus Kindertagen auf dem Dorf, beladen mit Strohballen und Kürbissen. Ich bestaune das Gefährt und eine Unmenge von Kürbissen in allen Farben, Formen und Größen. Der Spargel- und Erlebnishof Klaistow scheint auf viele Menschen wie ein Magnet zu wirken. Sie fahren aus allen Himmelsrichtungen hierher. Im Gedränge und den berühmten drei Worten „ggg“ in der Tasche, gelange auch ich auf das Gelände. Zwischen Buden mit viel Krimskrams, Kürbis-Gestalten und Blumengestecken lasse ich mich vorwärts treiben. Schon nach wenigen Minuten fühle ich mich von der Pracht und Wucht der Gartenfrüchte wie erschlagen. Die sehen zwar alle toll aus, sind bestens sortiert und gut zum Bestaunen aufgereiht, aber alles wirkt auf mich wie ein gigantisches Kürbisfestival, anstelle eines relaxten Treffen im Grünen. Mal abwarten. Dann die Ansage, im hinteren Bereich des Hofes eine Kürbisausstellung zum Thema Musik anschauen zu wollen, so der Plan. Gemächlich drängt die Masse nach hinten, wo ein kleines Riesenrad die Kleinen lockt. Das lassen die Großen unbeachtet links liegen und wenden sich nach rechts. Da sind noch mehr Kürbisse aufgereiht, als Pyramide gestapelt sowie zu einem Brunnen mit Fontäne fein ausgelegt. Pralle Kürbiskunst mit viel Liebe zum Detail gestaltet, kunstvoll drapiert und zart verflochten, das muss man neidlos anerkennen. Also knipse ich und bestaune die ländliche Farben- und Formenvielfalt. Sicher hat es eine Menge Arbeit gekostet und einigen viel Spaß bereitet, diese Kürbis-Show in die Landschaft zu basteln. Respekt, werte Garten- und Kürbisfreunde! Endlich sind wir an der „Pforte der Wahrnehmung“ angelangt. Nachdem der kleine Obolus entrichtet ist, werden wir drinnen vom „Mr. Kürbishoven“ empfangen. Der bewacht überlebensgroß jeden, der sich nähert. Hinter ihm, nicht minder eindrucksvoll, hat „Meister Kürbisvari“ seine Violine nebst Bogen abgelegt. Wenn das mein Freund „Hans der Fiedelgeiger“ sehen könnte, denke ich, und lasse mich für ihn, mit Hinweis auf das Instrument, ablichten. Geschafft! Nach nur wenigen Schritten stehe ich voller Ehrfurcht vor dem gigantischen Zungen-Logo der „Kullernden Kürbis- Steine“. Was für ein Anblick und welche Symbolkraft! Fast möchte ich „We Love You“ ausrufen und auf beide Knie sinken, doch meine linke Hüfte erinnert mich daran, dass ich auch wieder aufstehen muss. Da ist der Kniefall gestrichen, eine huldigende Verbeugung macht’s ja auch und habe dabei „You Can’t Always Get What You Want“ im Ohr. Also lasse ich mich weiter treiben. Vorbei am Sieger vom Kürbiswettbewerb, mit 867 Kilogramm sowie ausgerechnet aus Großthiemig kommend, wo ich die frühen Jahre meiner Kindheit erlebte. Voll Demut und schönen Erinnerungen im Hinterkopf gelange ich zum „Kürbisphon mit Trichter“, jenem Vorläufer, der eine Teilschuld für meine liebliche Plattensammlung zu verantworten hat. Ich entdecke ein Kürbis-(Ge)Flügel und sehe schließlich „Elvis the Kürbis“ in der Ecke nahe „In The Ghetto“ stehen. Der wartet geduldig auf seinen Auftritt auf der großen „Show-Kürbis-Bühne“, während eine „Kürbis-Koffer-Heule“ staubige Hits von „anno dunnemals“ aus dem „Land Of Thousand Dances“ ausspuckt. Was hätten die hier eigentlich aufgebaut, wenn es die kleinen und großen Beatelchen nicht gegeben hätte? Die Frage bleibt hier und heute allerdings unbeantwortet, dafür melden die Kürbiskursteilnehmer Bedarf an einer Mahlzeit an. Das kann ja heiter werden, denke ich noch, doch da stehe ich bereits in der Schlange und werde kurz darauf als Platzhalter an einen Tisch verwiesen. Uff, danke und entspannen! Nach der Massenfütterung ist vor dem nächsten Rundgang. Man startet ein Stockwerk höher, über der Speisehalle in luftiger Höhe und blickt in die Futterküche. Es gleicht einer Promenade ein Mal um die Futterkrippe und ist von (gefühlt) einhundert bunten Ständen und Nischen mit (gefühlt) mehrtausend Rumstehchen und Einstäubchen gesäumt. Da schleiche ich mich ganz leise und unauffällig hindurch. Manchmal bewundere ich die Farben, manchmal die Formen und einen kleinen Kuschelfuchs habe ich schon, zum Mitnehmen, am Schlafittchen. Doch gerade noch rechtzeitig sehe ich das Preisschild und ehe ich in Ohnmacht fallen kann, belasse ich den „Fox On The Run“ am Haken. Dabei hätte der sich ganz gut mit meiner Kuschel-Lily auf der Couch vertragen. Also wieder die Treppe abwärts, vorbei am Maulwurf und seinem „Höschen mit Taschen“ und durch das „große Kürbis-Tor von Beelitz“ ins Freie, wo ich mich endlich wieder an frischer Luft erfreuen kann. Durchatmen, sacken lassen und sammeln. Mir gefallen Kürbisfrüchte als Form und auch, wenn sie zu Halloween ein leuchtendes Gesicht verpasst bekommen. Als Speise mag ich sie eher nicht, eventuell noch als gekühltes Kompott. Das war bis zum heutigen Tag alles, was ich vom Leben dieser sonderlichen Gartenfrucht wusste, aber auch, dass man mit dem ausgehöhlten Korpus der Frucht Musikinstrumente bauen kann: Trommeln, Sitar, Rasseln und Kora fallen mir spontan ein. Nach diesem Tag ist mein Wissen um vielfältige weitere Möglichkeiten in Sachen Musik erweitert worden. Das genügt mir für die nächsten zwanzig (oder dreißig) Jahre meines Lebens und falls irgendwo eine Äppel- oder Gurkenausstellung im Netz beworben werden sollte – bitte rechnet nicht gleich wieder mit meinem Besuch, es sei denn, „Da liegt Musike drin“.