Merinos und Höhlenwohnungen in Langenstein
04.10.2014
Das
Wetter
gibt
an
diesem
langen
Wochenende
im
Oktober
richtig
Vollgas
und
der
Herbst,
ein
froher
Wandersmann,
steigt
noch
einmal
„auf
die
Leiter
und
malt
die
Blätter
an“.
Diese
Zeilen
von
Peter
Hacks
kommen
mir
in
den
Sinn,
nachdem
sich
der
Morgennebel
gelichtet
hat.
Vielleicht
ist
das
eine
gute
Gelegenheit,
als
Neuling
hier,
bei
den
Nachbarn
um
die
Ecke
zu
schauen, zu sehen und vielleicht auch einige von ihnen näher kennenzulernen.
Ein
unscheinbarer
Flyer
auf
dem
Tisch
weist
auf
den
„Verein
Merino“
hier
ganz
in
der
Nähe
hin.
Die
Mitglieder
haben
sich
die
Landschaftspflege
der
Kulturlandschaft
Harz
auf
ihre
Fahnen
geschrieben
und
wer
damit
nichts
anzufangen
weiß,
der
stelle
sich
nur
einmal
die
grüne
Wiesen
an
den
steilen
Hängen
im
Harz
vor.
Würden
die
nicht
gepflegt
oder
genutzt,
wäre
deren
Verwilderung
nicht
mehr
zu
verhindern.
Damit
das
nicht
geschieht
übernehmen
Schafe
der
Rasse
Merino
auf
ihre
ganz
natürliche
Weise
diese
Aufgabe
und
der
gemeinnützige
Verein
im
beschaulichen
Langenstein
kümmert
sich
darum,
dass
es
funktioniert.
Im
Eigentum
des
Vereins
befindet
sich
außerdem
ein
Vierseitenhof,
ein
historisch
wertvoller
Gebäudekomplex,
den
zu
erhalten,
zu
pflegen
und
ihn
sogar
kulturell
zu
nutzen,
haben
sich
die
Mitglieder
des
Vereins
ebenfalls
zur
Aufgabe
gemacht.
Mit
Schafhaltung
gewinnt
man
feine
Wolle
sowie
ein
besonderes
Fleisch
und
Denkmalpflege
kommt
noch
hinzu.
Das
nötigt
selbst
dem
Uneingeweihten,
der
dieses
imposante
Ensemble
das
erste
Mal
betritt,
eine
Menge
Respekt
ab.
Heute
ist
Erntedank-Markt
im
Schäferhof
Langenstein.
Die
schmalen
Straßen
bis
zum
Vierseitenhof
sind
fast
vollständig
zugeparkt.
Einen
freien
Platz
zu
finden,
gestaltet
sich
schwierig.
Dort,
wo
der
Weg
hoch
zu
den
Höhlenwohnungen, eine weitere Sehenswürdigkeit des kleinen Ortes, führt, ist bald ein Plätzchen gefunden.
Auf
dem
Vierseitenhof
herrscht
um
die
Mittagsstunde
reges
Treiben.
Der
ökumenische
Gottesdienst
im
ehemaligen
Schafstall
ist
längst
vorüber
und
die
Gäste
sitzen,
zufrieden
und
in
Gespräche
verwickelt,
an
den
Tischen
oder
bestaunen
die
vielen
kleinen
Präsente,
die
Kunsthandwerker
an
den
zahlreichen
Ständen
zum
Kauf
anbieten.
Das
Auge
kann
sich
kaum
an
der
Vielfalt
und
dem
Ideenreichtum
all
der
Kreationen
satt
sehen.
Man
ist
schier
überwältigt,
staunt
über
den
Formenreichtum
der
Exponate
und
schlendert
dabei,
sowohl
im
Hof,
als
auch
im
geschmackvoll
gestalteten
Schafstall,
an
den
Tischen
der
Aussteller
und
Händler
vorüber.
So
mancher
findet
hier
ein
Souvenir
für
sich
selbst,
sein
Geschenk
für
eventuelle Anlässe oder ein schon lang gesuchtes Kleinod, das in seiner Wohnung einen Platz finden wird.
Auf
dem
Hof
wird
man
von
verführerischen
Düften
gelockt
und
zum
Kosten
angeregt.
Vielleicht
eine
deftige
Suppe
mit
einem
Stück
Brot
frisch
aus
dem
Lehmbackofen.
Vielleicht
aber
eine
Brat-
oder
Currywurst
mit
Pommes
und
wer
möchte,
auch
ein
Stück
Kuchen
mit
einem
Kaffee.
Für
das
leibliche
Wohl
ist
bestens
gesorgt
und
so
verwundert
es
nicht,
dass
kaum
ein
leerer
Platz
an
einem
der
Tische
zu
finden
ist.
Auch
an
die
kleinen
Besucher
hat
man
gedacht,
die
sich
beim
Spiel
ablenken
oder
selbst
beschäftigen
können
und
wer
sich
ob
der
Fülle
der
Angebote
nicht
gleich
entscheiden
kann
oder
will,
bleibt
für
ein
paar
Minuten
bei
den
Schafen
und
Ziegen,
wie
in
einem
Streichelzoo,
stehen.
So
nah
kommt
man
den
Tieren,
zumal
als
Stadtmensch,
nicht
jeden
Tag
und
so
mancher
kleiner
Steppke
sieht
Schafe
oder
Ziegen
vielleicht
zum
ersten
Mal
in
seinem
Leben
und
bleibt
staunend
stehen.
An
so
einem
schönen
Spätsommertag
vergeht
die
Zeit
unmerklich
schnell
und
eigentlich
reichen
die
wenigen
Stunden
kaum
aus,
sich
alles,
was
hier
in
freiwilliger
Arbeit
geschaffen
wurde,
zu
bestaunen
und jedes Detail zu entdecken.
Nach
zwei
ausgedehnten
Runden
durch
die
Anlage
lasse
ich
mich
zu
zwei
Bratwürsten
verleiten
und
will,
vom
Genuss
des
Grillgutes
und
vielen
neuen
Eindrücken
gesättigt,
den
Schäferhof
Langenstein
wieder
verlassen.
Eine
Männerstimme
verführt
mich,
den
Neu-Harzer,
zu
einem
Wortgeplänkel
und
auf
diese
Weise
uns
beide
zum
Lachen.
Nachdem
wir
unter
Männern
noch
einige
deftige
Wortspiele
getauscht
und
uns
über
die
Zweideutigkeiten
amüsiert
haben,
gehe
ich,
nun
noch
um
eine
Forelle
bereichert,
vom
Vierseitenhoch
wieder
hin
zur
Straße.
Dem
netten
Herrn
und
seiner
schwimmenden
Gaststätte „Zum Hecht“, oben am Stausee, werde ich ganz sicher bald einmal einen Besuch abstatten.
Dort,
wo
mein
Blechfreund
abgestellt
ist,
steht
ein
Schild
mit
ein
Pfeil
darauf:
Höhlenwohnungen.
So
ein
Hinweis
hatte
mich
schon
einmal
vor
Wochen
neugierig
gemacht.
Mit
zwei
gegrillten
Würstchen
im
Magen
ist
es
vielleicht
eine
gute
Idee,
einige
wenige
Meter
zu
laufen,
um
noch
etwas
völlig
anderes
zu
entdecken
und
in
eine
Zeit
zu
sehen,
die
noch
gar
nicht
so
weit
hinter
der
unseren
liegt.
Was
sind
im
Laufe
der
Menschheitsgeschichte
schon
ein-
oder
zweihundert
Jahre
und
was
macht
es
denn
aus,
nur
zwei-
oder
dreihundert
Meter
mehr
zu
laufen,
um
einen
Blick
in
die
berühmten
Höhlenwohnungen
auf
dem
Hügel
von
Langenstein
aus
der
Nähe
zu
werfen.
Eine
schmale
Straße
führt
steil
nach
oben
an
den
kleinen
Häusern
in
der
typischen
Bauweise
vorüber.
Das
Fachwerk
duckt
sich
an
den
Hang,
so
dass
man
nach
wenigen
Schritte
weiter
auf
die
Dächer
der
Häuschen
blicken
kann.
Manchmal
scheinen
eine
grüne
Wiese
und
ein
rotes
Dach
direkt
ineinander
überzugehen.
Oben
angekommen,
hat
man
einen
wundervollen
Rundblick
auf
einen
Teil
des
Ortes,
der
sich
unten
in
das
Tal
schmiegt.
Noch
einen
Schritt
weiter
und
der
Wanderer
ist,
ohne
es
wirklich
zu
bemerken,
in
einer
anderen
Welt
angekommen.
Ich
stehe
da
oben,
bewundere
eines
der
schmucken
kleinen
Häuser,
das
da
oben
in
helles
Sonnenlicht
getaucht
ist
und
entdecke
erst
auf
den
zweiten
Blick,
gleich
daneben,
das
Wunder
der
Vergangenheit.
Für
einen
Moment
meine
ich
mich
in
die
Märchenwelt
der
Hobbits
versetzt,
in
ein
Hügeldorf
unter
dicker
Grasnarbe,
wie
man
es
aus
dem
Film
„Herr
der
Ringe“
kennt.
Doch
das
hier
ist
keine
Kulisse,
diese
Welt
war
einst
real.
In
den
Schatten
einer
hohen
Birke
geduckt,
erkennt
man
die
offene
Tür
zu
dem,
was
Menschen
einst
als
Wohnung
diente
und
nur
wenige
Meter
weiter,
in
einem
Hang
gearbeitet,
eine
weitere
Tür.
Neben
einem
in
den
Sandstein
gehauenen
Eingang
steht
eine
kleine
Gartenbank
mit
Tisch
vor
dem
Fenster
und
einen
Atemzug
lang
erliege
ich
der
Illusion,
aus
der
Tür
würden
gleich
zwei
alte
Leute
treten
und
sich
in
die
wärmende
Sonne
setzen.
Die
Szenerie
strahlt
eine
bizarre
Schönheit
und
Harmonie
aus,
die
mich
stocken
lässt,
denn
dort
haben
noch
im
vergangenen
Jahrhundert
tatsächlich
Menschen
gelebt.
Der
letzte
Einwohner
von
Langenstein,
der
eine
dieser
Höhlen
als
Zuhause
nutzte,
hat
gerade
einmal
vor
reichlich
einhundert
Jahren
zum
letzte
Mal
die
Tür
im
Sandstein
hinter
sich
verschlossen.
Seitdem
hat
der
Stein
in
seinem
Innern
die
Zeit
quasi
angehalten,
um
sie
für
nachfolgende
Generationen zu dokumentieren.
Diese Fotos der Höhlenwohnungen kann man durch Anklicken vergrößern.
Doch
dies
wäre
nur
die
Hälfte
der
Wahrheit.
Hätte
es
nicht
Bürger
gegeben,
die
mit
viel
Gefühl
für
das
Gut
der
Geschichte,
mit
Verantwortung
und
Engagement
gegen
die
Zeit
und
manchmal
auch
gegen
das
bewusste
Verschütten
angegangen
sind,
dann
wäre
von
all
dem
hier
nichts
mehr
zu
sehen.
Die
Natur
hätte
ihren
schützenden
Mantel
darüber
gelegt
und
darunter
wäre ein stiller Verfall unbemerkt geblieben. Dank denen, die das nicht zulassen wollten.
Diese
und
noch
andere
Gedanken
gehen
mir
durch
den
Kopf,
als
ich
durch
eine
der
„Haustüren“
nach
innen
gehe.
Es
gibt
einen
Flur,
ein
Schlafzimmer,
ein
Wohnzimmer
und
eine
Küche
und
doch
ist
das,
was
der
Besucher
hier
bestaunt,
wie
Romantik
anmutet
und
mit
eigenen
Augen
zu
sehen
bekommt,
kaum
vorstellbar.
Von
außen
dringt
diffuses
Tageslicht
nach
innen
und
lässt
die
Enge
der
Behausung
sicht-
und
fühlbar
werden.
Wenn
ich
mir
vorstelle,
dass
es
in
Langenstein
und
Umgebung
schon
ganz
normale
Häuser
gab
und
dennoch
Menschen
hier
in
diesen
Felsenlöchern
ihr
Leben
verbracht
haben,
wird
mir
diese
gewaltige
Kluft
erst
richtig
bewusst.
In
einer
der
Höhlenwohnungen
am
Hang
haben
sogar
drei
Generationen
„unter
einem
Dach“
miteinander
gelebt.
Ich
versuche
mir
eine
Vorstellung
davon
zu
machen,
wie
das
möglich
gewesen
sein
soll.
Wie
haben
Menschen
in
dieser
Enge
gekocht
und
wie
konnten
sie
in
diesen
Betten
vom
harten
Tageswerk
ausruhen?
Mit
Romantik
oder
Abenteuer
hat
das
alles
nichts
gemeinsam
und
dennoch
war
das
für
einige
Menschen
im
Harzvorland
vor
über einhundert Jahren die tägliche Normalität.
Als
ich
wieder
das
Freie
betrete,
weiß
ich,
dass
ich
auch
nicht
mit
dem
Drehorgelspieler
von
damals
tauschen
würde,
der
in
einer
der
Höhlen
mit
seiner
Frau
gelebt
hat.
Dass
jener
Mann
von
hier
aus
auch
noch
die
knapp
zehn
Kilometer
bis
Halberstadt
gelaufen
sein
soll,
um
auf
den
Märkten
die
Leute
mit
seinem
Orgelspiel
zu
erfreuen,
nötigt
mir
allerhöchsten
Respekt ab und ich bin heilfroh, in meiner Welt leben zu dürfen.
Es
gäbe
eine
Menge
zu
erzählen
über
die
Höhlenwohnungen
und
ihre
Bewohner.
Über
das
Woher
und
das
Warum
sowie
über
die
Lebensumstände
in
den
kleinen
„Zimmern“.
Die
Einblicke,
die
ich
mir
hole,
geben
sicher
nur
einen
Teil
und
den
auch
nur
verzerrt
preis.
Zum
Glück
ist
das
Wetter
sehr
angenehm
und
taucht
diese
unwirkliche
Realität
in
ein
romantisches
Licht
mit
viel
Harmonie,
die
aus
den
Bergen
rings
umher
kommt.
Als
ich
den
Ort
wieder
verlasse,
behalte
ich
diesen
friedlichen
Eindruck
in
meiner
Erinnerung,
wohl
wissend,
dass
dies
sicher
nur
ein
kleiner
Teil
der
Wahrheit
ist,
den
ich
als
Besucher
erlebe.
An
diesem
Nachmittag
hat
die
Zeit
nicht
gereicht,
um
noch
mehr
Höhlenwohnungen
sehen
zu
können
und
mehr
über
deren
Geschichte
zu
erfahren.
Ich
werde
es
nachholen,
beschließe
ich,
und
nehme
eine
Menge
Achtung
vor
den
einfachen Menschen jener Zeit mit in mein modernes Heim.
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, zufälligen Begegnungen und Entdeckungen im Harz.