Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
                                      Ich bin der  RockRentner im Harz
          und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Kurzausflug zur „Rothe Mühle“                                                                                                 30.06.2020 Heute ist der letzte Tag im Juni und in dieser Nacht „Halbzeit“ des Jahres. Morgen beginnt die zweite Hälfte und dann werden die Tage langsam wieder kürzer. Grund genug, den langen Tag auszunutzen. Das Wetter ist angenehm warm, ein kleines Lüftchen tauscht die verbrauchte gegen frische Luft aus. Ganz spontan taucht der Wunsch auf, nicht in der Wohnung zu bleiben, diesen Tag in der Natur, mit Kaffee und Kuchen im Grünen, zu würdigen. Gleich hinter der Stadt breitet der Harz seine prachtvolle Schönheit vor unseren Augen aus. Bis Wernigerode fährt man eine Viertelstunde. Kurz hinter Silstedt und vor der Autobahnbrücke biegen wir nach rechts ab. Schlagartig sind wir von Feldern mit Getreide, das noch viel zu kurz steht, umgeben. Ein Blick zum Brocken, der die Höhen des Harzes majestätisch überragt, führt es mir wieder vor Augen. Verdammt, es ist wirklich ein Privileg, hier leben zu dürfen! Wenn man sich ein paar Minuten Zeit gönnt, die Blechkarosse am Rand der staubigen Piste durch die Felder abstellt, kann das Auge die Wunder der Natur bestaunen. Hinter den Feldern verdeckt ein satt grüner Baumstreifen den Lauf der einstigen B6, die allein durch den Austausch von Schildern und von Leitblanken die Hoheit wechselt und zur Autobahn wird. Da irgendwo ragt ein Hinkelstein einsam am Feldrain gen Himmel und kündet von längst vergangenen Zeiten, die weder Betonpiste noch Schilder kannten. Die Stadt duckt sich dahinter und nur das alte Schloss ragt weithin sichtbar über sie hinaus. Wernigerode schmiegt sich sanft an die aufsteigenden Hänge, bis in die lang gezogene Schlucht von Hasserode hinein. Dahinter lockt Drei Annen Hohne die Touristen, den Nationalpark zu besuchen. Ich stehe vor diesem wundervollen Panorama und kann erkennen, wo wir schon mit Lily durch die dichten Wälder gewandert sind, die sich von Drei Annen Hohne in Richtung Brocken in die Höhe ziehen. Dort irgendwo ragt der Ottofelsen, das Zuhause von Pinselohr, über die Baumkronen hinaus und ein Stück daneben steht die alte Mönchsbuche an einer Wegeskreuzung. Jetzt haben wir die Zeit, auch andere Entdeckungen zu machen und den vielen anderen mystischen Geheimnisse auf die Spur zu kommen. Der Harz ist voll davon, wie ich inzwischen weiß. Hinter der Bahnstrecke, die wir überqueren, ragt ein Gehöft aus der Senke, durch die die Holtemme fließt. Das kleine Flüsschen kommt aus den Bergen, durchquert Wernigerode und fließt durch Silstedt und Derenburg bis nach Halberstadt. Im Frühjahr kann aus dem unscheinbaren Wasser ein reißender Bach werden, der großen Schaden anrichtet, wie ich selbst schon erleben musste. Heute plätschert sie gemächlich durch die Senke, vorbei an diesem Gehöft, der „Rothe Mühle“, einer Ausflugsgaststätte. Deren rote Dächer ragen aus einem Meer von bunten Blumen hervor, die in vielfältigen Gefäßen und Gestellen verschwenderisch blühen. Dieser scheinbare Überfluss ist derart liebevoll und klug gestaltet, dass man davor erst einmal begeistert oder verwundert stehen bleibt und staunt. Dazwischen stehen großzügig verteilt Tische, an denen man gemütlich verweilen kann. Ein Mundschutz ist hier im Freien und bei diesen Abständen nicht nötig und so kann man wieder die so sehr vermisste normale Freiheit genießen, sich zurück lehnen und tief durchatmen. Was für ein himmlischer Flecken, rustikal, schön, einladend und trotz der Nähe zur Stadt, weit weg von ihr. Die meisten sind mit dem Fahrrad hier und die Autos tragen, welch Wunder, heimische Kennzeichen. Wir genießen Kaffee und Kuchen, teilen die Bockwurst und das Brötchen mit Lily, die von diesem Idyll leider nichts mehr mitbekommt. Lily ist alt geworden und wird im Oktober ihren 16. Geburtstag erleben. Wir sind stolz auf unsere Kleine. Der Bier- und Kuchengarten der „Rothe Mühle“ ist ein beinahe künstlerisch gestaltetes Anwesen. Hier blühen überall Blumen in Töpfen, großen Bögen, als Blumensäule oder wie eine Baumkrone gestaltet. Es gibt ein  Wasserrad zu bewundern, das sich in einem separat gestalteten Bereich dreht und Blicke auf sich zieht. Ein alter Pferdewagen wurde zum Blumenbeet umfunktioniert und ein Springbrunnen spendet den frechen Spatzen frisches Wasser, nachdem sie sich von den Tischen ihre Kuchenkrümel geklaut haben. Einer setzt sich direkt neben mich auf die Stuhllehne, als würde er auch von mir etwas erwarten. Ehe ich reagieren kann, hat er sich schon ein anderes „Opfer“ ausgesucht. Am Kirschbaum reifen die Süßkirschen wie dicke fruchtige Trauben. Eigentlich könnte man hier Stunden sitzen, sich von der Sonne verwöhnen lassen und Menschen beobachten. Eigentlich. Doch unsere Hundedame, die nur noch schlecht sehen und noch weniger hören kann, findet in dieser Umgebung keine Ruhe mehr. Sie ist unsicher, kann nur noch wenig einordnen. Bald schon tun wir ihr den Gefallen und verlassen die wunderbare Gastlichkeit, unserer Lily zuliebe. Draußen wird sie wieder etwas ruhiger. Sie ist nicht mehr an der kurzen Leine, sondern wieder an der langen Laufleine. Auf dem Weg entlang der Holtemme kann sie ihren Bewegungsdrang entfalten und hier sind nicht mehr so viele Menschen. Am Ufer entdecken wir einen sehr alten knorrigen Baum, eine Weide. Für einen Augenblick zuckt in mir der Gedanke, dies könnte ein Häuschen von Rinderich sein, innen hohl und von den Jahreszeiten geformt. Wer weiß, vielleicht sitzt das kleine Wurzelmännchen in der Nähe und lächelt still in sich hinein. Beim Weitergehen entdecken wir im Flüsschen eine Furt, über die das Wasser gleitet. Hier gelangen die Traktoren & Co. hinüber zum anderen Ufer. Eine Brücke gibt es hier auch, aber nur für Fußgänger. Lily hat Durst und sie stillt ihn mit frischem Gebirgswasser, das in der Furt auch ihre Pfoten kühlt. Dann schaut sie uns an und ich sehe sie „sagen“: Nach Hause bitte. Das Wohl der Hundelady rangiert über unserem eigenen. Sie soll die Tage ihres Herbstes in aller Ruhe genießen dürfen. Wenn es ihr gut geht, dann sind auch wir glücklich und so lange es noch möglich ist, werden wir auch gemeinsam mit ihr etwas unternehmen. Wie in den Jahren zuvor und wie mit dem heutigen Ausflug zu Kaffee, Kuchen und Bockwurst in diesem wunderschönen Ausflugsziel.