Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Wanderungen, Begegnungen und Erlebnissen (nicht nur) im Harz.
Premiere: Gogow & Putensen – das Konzert zu zweit
18.12.2022
Treffen
sich
zwei
Chamäleons.
Sagt
das
eine:
„Wollen
wir
die
Farben
tauschen?“.
Darauf
das
andere:
„Na
prima,
mit
welcher
fangen
wir
an?“.
Der
Vergleich
hinkt
natürlich,
aber
so,
oder
so
ähnlich,
hätte
die
Begegnung
zweier
musikalischer
Chamäleons
hierzulande
sein
können.
Sowohl
Thomas
Putensen,
als
auch
Georgi
„Joro“
Gogow,
sind
nicht
auf
eine
einzige
Klangfarbe
oder
ein
Instrument
fixiert.
Auf
musikalische
Stile
ebenfalls
nicht.
Beide
sind
viels(a)eitig
unterwegs,
probieren
ständig
Neues
und
sind
in
der
Lage,
sich
flexibel
anzupassen.
Beide
kennen
sich,
wie
man
sich
unter
Musikern
halt
kennt,
und
nun
machen
sie,
zum
ersten
Mal,
gemeinsam
Musik.
In
der
Konzertkirche
Liebfrauen
von
Wernigerode
erwarten
beide
Musikanten
ein
interessiertes
Publikum.
Heute
ist
der
4.
Advent
und
ich
möchte
dabei
sein,
wenn
beide
mehrere
Klangfarben
und
Stile
mixen,
sich
gegenseitig
inspirieren
und
zudem
in
das
Repertoire
des
jeweils
anderen,
zwischen
Putensen
Beat-Ensemble,
DDR-Hits,
Wilder
Garten
und
City-Klängen,
eintauchen. Wer Putensen kennt, weiß, es kann spannend, lustig und unterhaltsam werden.
Die
alte
Kirche
Liebfrauen
bekam
einen
modernen
Anbau
als
Konzerthalle.
Darin
stilvoll
erhalten
einige
historische
Fragmente,
die
dem
Inneren,
trotz
der
Moderne,
eine
einzigartige
Atmosphäre
verleihen.
Ich
fühle
mich
wohl,
die
Hütte
ist
schließlich
rappelvoll
und
die
Besucher
warten
gespannt
darauf,
den
neuen
Einwohner
ihrer
Stadt
herzlich
zu
begrüßen.
Als
Joro
Gogow,
nach
wenigen
Begrüßungsworten,
pünktlich
die
Bühnenbretter
betritt,
tobt
der
Saal.
Das
Adventsfest im „Wilden Garten“ kann beginnen.
Nein,
Georgi
der
City-Basser,
nimmt
sich
nicht
die
Geige,
sondern
eine
Gitarre
(mit
Nylonsaiten).
Eine
musikalische
Tür
öffnet
sich
und
ein
Instrumentalstück
führt
uns
zum
„Wilden
Garten“.
Überraschung
gelungen,
denke
ich.
Wie
im
Advent
Tradition,
öffnet
sich
eine
nächste
Tür.
Thomas
„Pute“
Putensen
ist
nun
auch
da,
Lachen
im
Gesicht
und
graue
Struwelmähne
darüber.
Wenige
Worte
zur
Begrüßung
und
der
Mann
aus
dem
Norden
hat
die
Harzer
sinnbildlich
in
die
Arme
geschlossen.
Zwei
Typen,
beide
lächeln
und
einer
redet.
Pute,
am
Piano
sitzend,
spricht
vom
Regen,
vom
Dorf
Mühlenkamp
im
Norden
und
davon,
jetzt
mit
Joro
dieses
Lied
zu
spielen,
„Regendorf
Mühlenkamp“.
Joro
zupft,
„ohne
es
zu
wissen“
(Nebensatz
Pute),
die
Saiten
der
Geige
und
Pute
singt,
so
wie
Pute
halt
singt:
einfühlsam,
zart
und
leicht.
Mittendrin
an
Joro
der
nächste
Hinweis:
„Jetzt
den
Bass“
und
wenig
später:
„Die
Gitarre“.
Dieses
musikalische
Spiel
praktizieren
beide
sehr
abwechslungsreich,
angereichert
mit
Improvisationen
und
Jazz-Vocals,
über
einen
großen
Spannungsbogen
locker
zehn
Minuten
lang
ohne
auch
nur
einen
Moment
Langeweile
aufkommen
zu
lassen.
Einfach
großartig
und
so
wird
es
den
ganzen
Abend
über
auch
bleiben.
Kommentar
Gogow:
„Ist
er
nicht
herrlich,
der
Nordmann?“.
Die
beiden
verstehen
und
ergänzen
sich
blind.
Es
ist
ein
Vergnügen,
Thomas
Putensen
livehaftig
am
Piano
zu
erleben,
wie
er
vom
„Nordwind“
singt
und
die
alte
Geschichte
vom
„Fischer
und
sin
Fruh“
in
die
Gegenwart,
in
das
Dorf
nebenan,
überträgt
und
singt,
wie
Pute
eben
singt
–
unverwechselbar
und
immer
mal
wieder
in
coolen
Jazz-Gesang
hinüber
gleitend.
Dann
scheint
er
zu
explodieren
und
mit
Emotionen
um
sich
zu
werfen.
Jeder
bekommt
davon
etwas
ab,
dass
die
Gesichter
strahlen
und
Beine
wippen.
Joro
Gogow,
sein
Gegenüber,
greift
abwechselnd
zum
Bass
oder
Gitarre
und
als
Putensen
das
melancholische
„Rinde“
anstimmt,
zaubert
Joro
mit
seiner
Geige.
Wenn
in
diesem
Live-
Inferno
auch
gleich
mal
ein
Notenblatt
abhanden
und
ein
anderer
Song
zu
Ehren
kommt,
werden
diese
Momente
zu
ganz
besonderen
Erlebnissen.
Wie
oft
habe
ich
solche
Augenblicke
der
Lockerheit
und
Spontaneität
auf
Konzertbühnen
vermissen müssen. Bei diesen beiden Musikanten ist live tatsächlich life. Herrlich!
Wenn
es
um
Lieder
aus
dem
prallen
Leben
geht,
dann
darf
so
ein
klingendes
Kleinod
auch
schon
mal
„Suche
artgerechte
Wohnung“
heißen.
Joro’s
Geige
intoniert
ein
Cafè-House-Intro
und
Pute
singt
vom
Wohnung
suchen.
Zwischendurch
wird
wieder
entspannt
und
zuweilen
hintersinnig
geplaudert.
So
von
Joro’s
ersten
Begegnungen
in
der
Musikszene
der
DDR,
von
Klaus
Lenz,
Uschi
Brüning
und
von
Manne
Krug,
an
die
er
bis
heute
dankbar
denkt.
Wenn
dann
unerwartet
das
Motiv
der
„Mokka-Milch-Eisbar“
auftaucht,
dann
hat
das
was
mit
der
Spontaneität
eines
Herrn
Putensen
zu
tun,
der
dabei
schelmisch
lachen
kann.
Dann
gibt
es
mit
„Der
Tag
beginnt“
von
1973
doch
eine
Krug-
Nummer
und
in
mir
taucht
die
Erinnerung
an
einen
Film
auf:
„Wie
füttert
man
einen
Esel“.
Lang,
lang
ist’s
her.
Nicht
ganz
so
lang
ist
es
her,
dass
Thomas
Putensen
das
Album
„Brocken
Heart
Auf
Kaffeefahrt“
(2009)
der
Menschheit
zum
Kauf
anbot.
Daraus
bekommen
wir
„Madagaskar“
zu
hören,
danach
verabschieden
sich
beide
Musiker
auf
ein
kühles
Blondes …
Nach
dem
Hopfengetränk
überrascht
uns
der
Nordmann
mit
dem
Ergebnis
aus
„zwei
Jahren
Arbeits-Befreiung“,
dem
2.
Satz
eines
Klavierkonzertes,
den
er
während
dieser
Zeit,
Note
für
Note,
aufschrieb.
„Joro
Gogow
möge
bitte
mit
dem
Bass
das
Orchester
ersetzen“,
meint
er
und
setzt
sich
an
den
Flügel.
Man
darf
auf
das
Gesamtwerk
gespannt
sein,
denke
ich
nach
diesem
Hörgenuss
und
schon
ist
Thomas
wieder
dabei,
die
geneigte
Zuhörerschaft
mit
Reimen
aus
den
Tagen
der
„Arbeits-Befreiung“
heiter
zu
stimmen.
Zeilen
über
die
„Küchenkelle“
oder
die
„Knoblauchzehe“
bringen
den
Saal
zum
Kochen
und
mir
Tränen
in
die
Augen.
Es
ist
schlicht
köstlich,
diesem
Mann,
der
das
alles
aus
dem
Hut
zu
zaubern
scheint,
zuzuschauen!
Selbst
der
sonst
eher
ruhige
Joro
kann
ein
breites
Grinsen
nicht
verheimlichen.
Ob
die
alles genau so geprobt haben, darf bezweifelt werden.
Als
Thomas
Putensen
sein
neues
„Lied
vom
Bleiben“,
für
Tasten
und
Nylongitarre,
anstimmt,
rammelt
mir
eine
Gänsehaut
über
den
Körper.
Diese
Melodie,
mit
ihren
ungewohnten
Akkordfolgen
und
selten
genutzten
Tonsprüngen,
ist
ein
Traum.
Jedenfalls
für
mich.
Ich
fühle
mich
in
jene
Zeiten
versetzt,
als
solche
Klangperlen
beinahe
alltäglich
im
Dampfradio
auftauchten,
aber
heute
Seltenheitswert
haben.
Traumhaft
schön,
mehr
fällt
mir
nicht
ein.
Auch
deshalb,
weil
Herr
Putensen
plötzlich
wieder
seinen
Intuitionen
folgt
und
eine
allseits
bekannte
Melodie
anstimmt:
„Unsre
Heimat
(das
sind
nicht
nur
die
Städte
und
Dörfer)“.
Der
Saal
stimmt
ein,
aber
die
Textsicherheit
fehlt
(auch
mir).
Mit
dieser
Melodie
verbinde
nicht
nur
ich
schöne
Erinnerungen,
denn
der
Text
ist
ehrlich
gemeint
und
eine
Rezeption,
die
das
in
Abrede
stellt,
hat
andere
Gründe,
die
mit
dem
ursprünglichen
Anliegen
gar
nichts
zu
tun
haben.
PUNKT.
„Kleine
weiße
Friedenstaube“
wird
der
nächste
Versuch,
zum
Mitsingen
anzuregen
und
beim
Ertönen
der
ersten
Akkorde
von
„Bau
auf“,
bricht
im
Saal
schallenden
Gelächter
aus.
Erst
als
er
später
„Sind
die
Lichter
angezündet“
anstimmt,
gelingt
es
einer
einzelnen
Dame
im
Auditorium
textsicher
und
mit
viel
weihnachtlichem
Gefühl
(und
allein)
zu
singen.
Respekt,
das
war großartig und Pute verbeugt sich dankend ihr zu.
Es
ist
schon
verdammt
lange
her,
dass
ich
zwei
Musiker
so
unverklemmt
und
locker
live
miteinander
musizieren
erlebte.
An
diesem
Abend
ergänzen
sich
die
Spontaneität
und
spielerische
Leichtigkeit
von
Thomas
Putensen
mit
der
ausgeglichenen
Ruhe
und
Vielfalt
von
Joro
Gogow.
Exzellente
Solisten
sind
die
beiden
ohnehin,
was
den
Genuss
für
das
Publikum
rundum
opulent
werden
lässt.
Das
beweisen
sie
erneut
mit
der
Krug-Nummer
„Du
bist
heute
wie
neu“,
aus
der
fast
ein
Boogie
wird
und
einen
Hauch
von
Jazz
ausstrahlt.
Als
der
Ball
wieder
bei
Joro
landet,
beginnt
der
von
seiner
Herkunft
aus
Bulgarien
zu
erzählen,
vom
Schnittpunkt
des
Oxident
mit
dem
Orient,
von
den
Höhen
und
Tälern
des
Balkan,
in
denen
die
Folklore
so
reichhaltig
und
unterschiedlich
ist.
Aus
diesem
Füllhorn
holt
er
sich
eine
Melodie,
die
er
dem
verstorbenen
City-Drummer
Klaus
Selmke
widmet.
Zur
Gitarrenbegleitung
erleben
wir
den
völlig
anderen
Musiker,
der
auch
mit
dem
zweiten
Folk-Song
exzellent
zu
begeistern
weiß.
Stehende
Ovationen
sind
die
Folge
und
plötzlich
ist
auch
der
Moment
gekommen,
da
sich
beide
verbeugen,
dem
begeisterten
Publikum
in
Wernigerode
danken.
Ein
sehr
emotionaler Augenblick für jeden hier.
Doch
halt,
da
war
doch
noch
was?!
Die
Augen
richten
sich
hoch
zur
Orgel,
auf
der
Thomas
Putensen
zu
spielen
beginnt
und
ganz
allmählich
schält
sich
eine
Akkordfolge
aus
dem
Klang,
zu
der
nun
auch
Joro
Gogow
mit
der
Violine
einsteigt.
Wir
erleben
zum
ersten
Mal
eine
neue
Version
des
City-Klassiker
“Am
Fenster“.
Was
für
ein
Sound,
welch
fantastischer
Klang,
wie
traumhaft
und
filigran.
Ich
bin,
wie
alle
anderen
auch,
hingerissen
und
begeistert.
Der
Saal
badet
in
Euphorie,
Jubelrufe
und
Pfiffe
sind
zu
hören,
die
erst
abflauen,
als
Pute
der
Orgel
die
alte
Weise
vom
„Haus
in
New
Orleans“
entlockt
und
in
der
Version
von
Manne
Krug
zu
singen
beginnt.
Ich
bin
weg
und
alle,
habe
feuchte
Augen
und
einen dicken Kloß im Hals. Wenn ich allein wäre, würde ich sicher losheulen …
Als
beide
wieder
unten
auf
der
Rampe
sind,
singt
eben
jene
Besucherin
„Sind
die
Lichter
angezündet“
und
zum
Abschied
erklingt
„Dass
ich
eine
Schneeflocke
wär“.
Wir
versuchen
noch
einmal,
mit
Pute
zu
singen.
Danach
entlassen
uns
die
beiden
glücklich
in
die
Nacht
des
4.
Advent.
Gemeinsam
mit
einigen
Freunden
verweile
ich
noch,
lasse
das
gerade
erlebte
nachklingen,
kann
noch
mit
Pute
reden.
Dann
folge
ich
den
verbliebenen
Besuchern
hinaus.
Das
Jahr
wird
nach
diesem
Erlebnis
etwas
versöhnlicher
ausklingen
können,
denn
wir
konnten
Hoffnung
im
„Wilden
Garten“
von
Joro
und
Pute
tanken.
Mehr
braucht
es
nicht,
eine
Woche
vor
heiligen
Abend.
“Lasst
uns
froh“
…
nachdenklich
und
dankbar sein.