Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Ich bin der RockRentner im Harz
und berichte hier von meinen Entdeckungen, Wanderungen, Erlebnissen und Begegnungen im Harz.
Kahn-Fahrt im „Kleinen Spreewald“ 26.08.2010 Tief im Süden Brandenburgs, dort, wo ich zu Hause bin und viele der Beamten in Potsdam meinen, dort wäre schon Sachsen oder Niemandsland oder gar nichts, dort findet man auch das kleine Mini-Städtchen Wahrenbrück. Diese beinahe kleinste Stadt Brandenburgs hat, außer Ihrer Nichtbeachtung durch Potsdam und einem Denkmal für Carl- Heinrich Graun, noch ein weiteres wahres Kleinod zu bieten: Wo noch heute die Kleine Elster in die Schwarze Elster mündet, muss so um 1200 eine kleine Burg gestanden haben und aus dieser Zeit datiert auch eine erste urkundliche Erwähnung der Siedlung. Die Jahrhunderte haben den Ort verändert und viel Geschichte ist daran vorüber gezogen, doch die Kleine Elster mündet noch immer in die Schwarze und ein paar kleine Nebenarme durchziehen das Acker- und Weideland. Dieses Gebiet nennt der Volksmund den „Kleinen Spreewald“, denn auch hier kann man, wie im richtigen Spreewald, mit einem Kahn gemütlich durch die Wasserarme staken oder auch ein Paddelboot dafür benutzen. Man kann sich mit ein paar Freunde verabredet hat, kann sich am Anlegesteg treffen und es sich dann im Kahn gemütlich machen. Dann sitzen dort Eisenbahner und Musik- Junkies neben einem älteren Ehepaar, das sich auf die Betreuung eines kleinen Kuschelhundes namens Lily spezialisiert hat. Die Hundedame Lily ist natürlich auch dabei, zittert ängstlich beim Ablegen und macht seinem Unmut über das seltsame Vorgehen auch lauthals Luft. Die gemächlich geruhsame Fahrt geht vorbei an alten Weiden, die ihre lange Pracht bis zum Wasser herab hängen lassen und hinter dem hohen Schilf mit den „Bumskeulen“ verbergen sich Wiesen und Weiden. Von dort weht der Duft von frischem Gras und Kuhdung herüber. Vielleicht trauen sich die Beamten aus dem fernen Potsdam deshalb nicht so oft in diese einzigartige Landschaft, die außer dem Geruch von Kuhdung noch so viel Ursprünglichkeit und Natur zu bieten hat. Der Fährmann weiß interessantes aus dieser Gegend und von den Menschen zu erzählen und garniert das alles mit einem Schwall von Witzen und Anekdoten. Unser Lachen muss in dieser Stille sicher weit zu hören sein. Hinter jeder Biegung erleben wir neue Aussichten und manchmal strecken sich Stege und hölzerne Brücken über den schmalen Wasserlauf. Dann heißt es ducken und die Köpfe einziehen. Lily hebt ihre kleine Hundenase in die Luft und versucht, die vielen neuen und fremdartigen Düfte der Hunde-BILD-Zeitung zu erforschen. Ablenkung hat sie außerdem durch einen Dreikäsehoch, der sie streicheln möchte und dennoch irgendwie nicht dazu kommt. Weil Lily immer wieder abgelenkt ist, Dreikäsehoch aber immer wieder versucht, sie zu berühren, strecken beide sich letztlich gegenseitig zu Zunge raus Ätschebätsche! Der aufmerksame Beobachter entdeckt am Ufer viele reizvolle Stellen mit so manchen seltenen und seltsamen Gewächsen. Darunter auch Seerosen und andere bunte Blütenträger. Es ist auf andere Weise bunt, als im heimischen Garten und der Blick aus der niedrigen Kahnperspektive lässt diese Landschaft beinahe wie ein Wunderland erscheinen. Manchmal ragen die Äste von Bäumen weit ausladend über das Ufer bis auf die Wasserfläche und im Geäst tummeln sich Vogelarten, denen man in der Stadt nicht mehr begegnet. Nach einer reichlichen Stunde beschaulicher Kahnfahrt gelangen wir wieder zum Ausgangspunkt. Im kleinen Hafen empfängt uns ein angenehmer Wohlgeruch, der den Spezialisten und Liebhaber in mir sofort an eine frisch gegrillte Rostbratwurst denken lässt. Der weitere Verlauf ist damit nicht mehr zu verhindern und bei Kartoffelsalat, Steak, Bratwurst, Bier und Kaffee klingt dieser schöne Tag langsam aus, ehe sich die Fahrzeuge wieder in alle vier Himmelsrichtungen aus und in den Staub machen. Sollte sich eines Tages ein Beamter aus dem großen und schönen Potsdam in diese abgelegene Gegend im Süden Brandenburgs begeben, vielleicht sogar mit einem Fördermittelbescheid für den „Kleinen Spreewald“ in der Hand, dann wird er eventuell verstehen, dass nicht nur die großen Kulturstätten „ohne Sorge“, sondern auch und erst recht die kleinen mit „viel Sorgen“, die Beachtung und Unterstützung aus dem Regierungspräsidium benötigen. Brandenburg lebt auch und vor allem dort, wo noch keine Autobahntrassen eine schnelle Anreise garantieren und die Züge aus Rentabilitätsgründen nicht mehr so oft halten wie früher, als die Menschen hier noch mit der Bahn zur Arbeit fahren konnten, die es hier nicht mehr gibt. Hier hat die Natur dafür noch viel Ursprünglichkeit und viele Gerüche zu bieten. Hier, wo die Ruhe der Natur und die Gelassenheit der Menschen scheinbare Stille ausstrahlen, lebt versteckt das wahre Brandenburg, so wie es die bekannte und heimliche neue Hymne über „Brandenburg“ beschreibt und Reinald Grebe liebevoll besingt. Hier, wo die Straßen noch Alleen sind und hinter den Bäumen sich hinterhältig Blitzer ducken und friedliche Bürger erschrecken, dort ist Brandenburg. Hier bin ich irgendwie zu Hause, hier lebe ich, fahre Auto und Kahn, egal, was „ohne Sorge“ in Potsdam gerade geschieht. Das wahre Gesicht Brandenburgs wirst du dort nicht finden. Wenn Du daran interessiert bist, dann steige in Wahrenbrück in einen Kahn und lass’ Dich in der Ruhe treiben!